Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 377.jpg

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der vornehmsten Heiligen auf alle übrigen Tage des Jahres dergestalt vertheilt, dass wenigstens in den wichtigsten Fällen eine symbolische Beziehung zwischen dem Charakter und Wirken des betreffenden Heiligen und der Jahreszeit oder dem Sonnenstande, wohin sein Tag fällt, wiedererkannt wird. In andern Fällen ist das symbolische Verhältniss des Heiligen zu seinem Jahrestage vielleicht nur durch die Zeit verdunkelt worden und noch nicht wiedererkannt. Das Fest Allerheiligen am 1. November war erforderlich, um allen den Heiligen, die der Kalender nicht an einzelne Tage wies, die besondere Verehrung an einem gemeinschaftlichen Tage des Jahres zu sichern. In der Wahl dieses Tages aber, im Beginne des Winters, spricht sich ein schöner Sinn aus. Die Heiligen widmeten fast ohne Ausnahme ihr Leben dem Kampf mit der alten Nacht des Heidenthums und der Sünde. Sie gingen den Gläubigen voran durch die Schrecken des Todes. Sie gaben sich zum Opfer hin dem Winter, um den künftigen Geschlechtern den Frühling zu erobern. Sie gingen in die Finsterniss des Grabes ein, wie das Saatkorn in die Erde, um tausendfältige Früchte zu tragen.

Unter der grossen Zahl von Heiligen finden sich einige problematische Namen, und im Volke geht manche Legende um, die von der Kirche nie beglaubigt worden ist. Manches wurde von einem Heiligen auf den andern übergetragen, und selbst der rühmliche Fleiss der acta SS. hat die Nebel nicht alle lichten können, die am äussersten Horizont der Heiligengeschichte lagern. Allein in der Mitte dieser Heiligenwelt, in der ihre vornehmsten Gestalten seit Jahrhunderten als Säulen der Kirche feststehen, ist Alles klar, und eben so fest und klar ist das Kriterium der innern Wahrheit, welches die Legenden nach dem Maasse der Glaubenslehren und der davon unzertrennlichen Symbolik misst, Alles fallen lassend, was damit unvereinbar ist.

Allgemeines Kennzeichen der Heiligen in der Kirchenmalerei ist die gewöhnlich goldne Kreisscheibe oder der noch einfachere goldne Reif um das Haupt. Vgl. den Artikel

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_377.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)