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andeutet. Vgl. Vincent. Bellov. spec. morale a. a. O. Eben so natürlich erscheint eine Rubricirung der Höllenstrafen nach den sieben Todsünden. So auf einem Bilde des Bernardin von Orley im Berliner Museum (Catalog von 1830, S. 162).

Die Höllenfahrt Jesu während seines dreitägigen Aufenthaltes im Grabe ist in den Worten des Glaubens: „niedergefahren zur Hölle“ von der Kirche anerkannt. Im Matth. 27, 52. heisst es, als Christus starb, bebte die Erde und die Gräber thaten sich auf und stunden auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen. 1. Petri 3, 9. heisst es: Er ist hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängniss, und Epheser 4, 9. heisst es: ehe er aufgefahren, sey er hinuntergefahren in die untersten Oerter der Erde.

Das apokryphische Evangelium des Nicodemus 20 f. führt zuerst die Höllenfahrt weiter aus und zwar mit tief poetischem Geiste. Satan erwartet in der Vorhölle die Ankunft Jesu, den er für einen blosen Betrüger hält, aber der noch über Satan stehende Höllenfürst äussert seine Zweifel und merkt an der unruhigen Bewegung der ganzen Unterwelt, dass der Nahende ihm zu stark und wahrer Gott sey. „Ich fühle Schmerzen in meinem Bauche“ gesteht er. Da donnert eine furchtbare Stimme draussen vor dem Höllenthor: „Hebet weg die Pforten, denn der König des Ruhmes will einziehen.“ Die Teufel raffen sich zusammen, die festen Riegel zu hüten; aber die Propheten erheben sich und jeglicher wiederholt, was er einst vom Messias verkündet: jetzt nahe er! Ein überaus herrliches Motiv! Noch einmal erschallt die schreckliche Stimme von aussen. Der Höllenfürst ruft: „Wer ist, der sich König des Ruhmes nennt?“ Da antwortet der Chor der Engel: „Ein starker und gewaltiger Gott!“ und die Riegel sprengen, die Pforten sind zermalmt und Jesus zieht ein in seiner Lichtgestalt. Und der Höllenfürst schreit: wehe! Den Satan aber ergreift Jesus oben am Haupt und übergibt ihn den Engeln, dass sie ihn fesseln bis zu des Messias zweiter Wiederkehr. Dann streckt Jesus die Hand aus und erweckt den Urvater Adam, der sich demüthig vor ihm beugt. Jesus

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_413.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)