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der Gesinnung vieler Menschen eine religiöse Verworrenheit. Die Werkheiligkeit beschleicht das Herz. Der Glaube, daß Gott unser Wohlthun auch an uns, d. h. an unsern irdischen Gütern, segnen und es uns nie daran werde mangeln lassen, damit wir wohlzuthun nicht zu unterlassen brauchen, nistet sich ein. Der Aberglaube, am Wohlthun eine Assecuranz für die eigene Wohlfahrt bei Gott zu begründen, verunreinigt unser Wohlthun. Die Formeln, mit denen der Bedürftige dankt, sind auch sämmtlich darauf eingerichtet, solchen Aberglauben zu unterhalten. Eine Wohlthat, die uns von Gott dreifach vergolten werden soll, ist demnach nur der Einsatz eines Capitals, das wir mit reichlichen Zinsen zurückzuempfangen erwarten. Wer unter uns wäre wol, der sich rühmen könnte, im Momente des Handelns von diesem pharisäischen Calcul immer frei zu sein?“ Habe ich nun wol Unrecht, wenn ich sage, Rosenkranz hätte hier noch einen Schritt thun sollen, den letzten, entscheidenden, ohne den doch selbst das Obige mehr oder weniger un – erbaulich klingt?

In dem letzten Abschnitte: „Das kirchliche Leben“, sagt Rosenkranz: „Mit Erstaunen habe ich im Kreise meiner beschränkten Erfahrung wahrgenommen, daß preußische Gutsbesitzer einen ganzen Winter consequent Seite vor Seite von Strauß durchgelesen, durchgesprochen haben, ja nachher für ihre abweichenden Ansichten mit einander in Briefwechsel getreten sind. Wollten sich die Straußianer, was übrigens anzunehmen gar keine Thatsachen vorliegen, als Confessionen constituiren, so würde keine Macht der Erde sie daran hindern können.“ – Jene Nachricht von der Theilnahme der Gutsbesitzer an der Straußischen Ansicht bestätigt auf eine auffallende Weise die ohnehin sichere Nachricht, daß auf die erste Kunde von dem Verein der „Freien“ eine Anzahl dortiger Gutsbesitzer nach den genaueren Umständen sich eifrigst erkundigte und ihre Bereitwilligkeit erklärte, dem Vereine beizutreten. Wenn man

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_147.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)