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EINIGES VORLAEUFIGE
VOM LIEBESSTAAT


Allbekannt ist das sogenannte Sendschreiben des Freiherrn von Stein. Man hat daraus die Meinung gefasst, dass die später eintretende Reactionsperiode sich den im Sendschreiben ausgesprochenen Grundsätzen entfremdet und einer andern Sinnesart zugewendet habe, so dass der Liberalismus vom Jahre 1808 nach kurzer Dauer in einen bis auf unsere Tage hinausgezogenen Schlaf gesunken sei. An dem angeblichen Verkennen jener Principien lässt sich jedoch zweifeln, und es müsste auch schon äusserlich sehr auffallend erscheinen, dass dieselben kraftvollen Menschen, welche wenige Jahre zuvor unter den stürmischesten Umständen eine freisinnige Ansicht aufstellten, kurz darauf so ohne weiteres von ihr abgefallen sein sollten, um einen entgegengesetzten Weg einzuschlagen. Hat man es doch endlich erkannt, dass die langgehegte Meinung, die französische Revolution sei durch das Umschlagen der Napoleonischen Kaiserherrschaft sich selbst untreu geworden, auf einem Urtheil und oberflächlichen Urtheil beruhe; warum sollte nun nicht zwischen dem Stein’schen Liberalismus und der spätern, sogenannten Reaction ein ähnlicher Zusammenhang stattfinden? Sehen wir das Sendschreiben darauf hin etwas näher an.

Zwei Zielpunkte hat, wie sogleich in die Augen springt, Stein mit der französischen Revolution gemein, nämlich die Gleichheit und Freiheit, und es kommt nur darauf an, wie er die eine und andere bestimmt.