Seite:Das Archiv für Seewesen Band 5 Heft X 1869 S467.png

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Schiff längs dieser Kette, die ihm einen festen Stützpunkt für seine Bewegung darbietet, ungefähr in der Weise fortgeschoben wird, in welcher ein Bergsteiger sich an einem oben festgehaltenen Seile aufwärts bewegt.

Die ersten Versuche hierüber wurden bereits im Jahre 1732 durch den Marschall von Sachsen in Frankreich angestellt, 1820 aber durch Courteaud und Tourasse im Großen auf der Saône erneuert.

Man benützte dabei einen auf dem Schiffe angebrachten Pferdegöpel, um die Trommel in Bewegung zu setzen, an welcher die Kette sich aufwand. Diese selbst war nur streckenweise gelegt, und es mußte z. B., während das Schiff eine Strecke von 600° durchfuhr, im Voraus die Kette für die nächstfolgende Strecke in das Flußbett versenkt werden.

Im Jahre 1822 verband dagegen Vinchon die Kettenrolle mit einer Dampfmaschine, und 1825 wendete de Rigny zuerst eine Kette an, welche eben so lang als die zu befahrende Flußstrecke war.

1853 wurde die Kettenschleppschifffahrt an der Seine eingerichtet, und zwar zuerst nur auf die Länge von einer halben Meile, innerhalb des Weichbildes von Paris, später dagegen auf 9 Meilen von Paris flußaufwärts bis Conflans, und im Jahre 1856 auf weitere 14 Meilen von Paris aufwärts bis Montereau.

Die hiebei erzielten Erfolge riefen eine Reihe anderweitiger Verwendungen der versenkten Kette für den Schiffszug auf Flüssen und Canälen in England, Belgien, Rußland etc. hervor, und auch in Deutschland hat dieses Schifffahrtssystem bereits Eingang gefunden.

Die Elbe bei Magdeburg wird seit 1866 in der 3/4 Meilen langen Strecke zwischen Buckau und der Neustadt von einem Ketten-Remorqueur befahren, welcher beladene und unbeladene Schiffe zu Thal und zu Berg an Magdeburg vorüber, und insbesondere durch die beiden dort bestehenden Brücken führt. Außerdem will die vereinigte Hamburg-Magdeburger Dampfschifffahrts-Gesellschaft ihre diesfälligen Operationen auf die 48 Meilen lange Elbestrecke zwischen Hamburg, resp. Altona und Magdeburg ausdehnen [1], während eine zweite Schifffahrts-Compagnie, deren Gründungs-Comité seinen Sitz in Dresden hat, die 45 Meilen lange Strecke der Ober-Elbe zwischen Magdeburg und Schandau mit Kettenschleppschiffen zu befahren beabsichtigt.

In Oesterreich ist bereits die Concession für die Einführung der Kettenschleppschifffahrt auf der Donau ertheilt, und dürften andere derartige Unternehmungen auf den zahlreichen bedeutenderen Flüssen des Kaiserstaates wohl nicht lange auf sich warten lassen.

Inzwischen ist man dagegen, rücksichtlich des Schiffszug-Apparates selbst, um einen Schritt weiter gegangen und hat begonnen, statt der Kette das Drahtseil (Kabel) zu verwenden, mit dessen Zuhilfenahme die Société anonyme de Touage in Lüttich seit Jahresfrist die 91/4 Meilen lange Strecke der Maas zwischen Lüttich und Ramur beschifft.

Da das Seil sich von der Kette durch seine größere Leichtigkeit und Steifheit wesentlich unterscheidet und insbesondere die letztgedachte Eigenschaft eine mehrseitig veränderte Einrichtung der mechanischen Apparate an dem sich längs des Kabels


  1. Derzeit ist die Kette bereits in einer 3 Meilen langen Strecke, von Magdeburg abwärts bis Nigripp, gelegt und befahren.
Empfohlene Zitierweise:
Anton Beyer ???: Notizen über den Schiffszug mittelst versenkter Ketten oder Drahtseile und über die mit den Seil - Remorqueuren auf der Maas in Belgien angestellten Versuche. Archiv für Seewesen, Wien 1869, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Archiv_f%C3%BCr_Seewesen_Band_5_Heft_X_1869_S467.png&oldid=- (Version vom 21.6.2019)