Seite:Das Archiv für Seewesen Band 5 Heft X 1869 S476.png

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emporragt, und daß daher entgegenkommende Fahrzeuge eher an dasselbe anfahren können.

Nicht minder bedeutend als der Unterschied zwischen dem Gewichte der Kette und des Seiles ist jener, welcher

g) die Anbringung beider Zugsmittel auf dem Schiffe betrifft. Es bedarf wohl keines Beweises, daß die Führung des Zugsmittels in der Richtung der Schiffsachse, wie sie bei den Seine- und Elbe-Ketten-Remorqueuren stattfindet, für den Zug selbst, nachdem die Last und der Druck der Kette sich auf beide Schiffsseiten vertheilt, vortheilhafter sei, als dessen Anbringung an der Außenwand des Schiffes nach Art der Seildampfer auf der Maas (verticalen Systems). Man hat sich deßhalb mit der Idee beschäftigt, auch die verticalen Leit- und Treibrollen für das Seil in der Deckmitte anzubringen und sie dort, um ihr zu weites Emporragen über das Verdeck zu vermeiden, in einen der ganzen Schiffshöhe nach ausgesparten, gegen das Wasser zu offenen Raum zu stellen, durch dessen Anordnung zugleich die Möglichkeit geboten wird, das Seil nicht über das Verdeck führen zu müssen, sondern es zu beiden Seiten des Zugs-Apparates unter dem Schiffsboden in’s Wasser abfallen zu lassen.

Hierbei ergibt sich jedoch der Uebelstand, daß die Ankunft des Seiles vor der Leitrolle, welche es aus dem Wasser hebt, nicht beobachtet werden kann und es deßhalb auch schwieriger ist, dessen Ausspringen bei seitlichem Zug in den Flußkrümmungen vorzubeugen und die im Flußbette sich an dasselbe anhängenden Gegenstände vor seinem Auftaufen auf das Clip-drum zu beseitigen.

Bei den Seil-Remorqueuren dürfte daher vorläufig wohl in den meisten Fällen die seitwärtige Anbringung des Zugsapparates beibehalten werden, welche übrigens, im Entgegenhalte zu dem berühmten Nachtheile der ungleichen Schiffsbelastung, auch einen namhaften Vortheil dadurch darbietet, daß sie dem Toueur das Abwerfen und Wiederaufnehmen des Seiles oder der Kette ohne besondere Nebenvorrichtungen möglich macht.

Es ist dies von hervorragender Bedeutung für

h) die Begegnung und Kreuzung der Toueurs unter einander und mit fremden Schiffen.

Das Kettenschleppschiff, dessen Zugsapparat in der Verdeckmitte angebracht ist, liegt — wie bei der Beschreibung des Elbe-Kettendampfers erwähnt wurde — stets unter der Kette. Dabei ist es in Bezug auf seinen Gang wohl im Wesentlichen an die Richtung der Kette gebunden; da jedoch diese nur lose auf der Flußsohle aufliegt und vom Schiffe mittelst der Ausleger innerhalb gewisser Grenzen nach rechts und links verlegt werden kann, so macht es dem Kettendampfer keine Schwierigkeit, entgegenkommenden fremden Schiffen auszuweichen. Ueberdies besitzt er an einer Bremsvorrichtung, mit welcher die Kettentrommeln versehen sind, daß geeignete Hilfsmittel, um bei besonderen Zufällen die Spannung der Kette momentan verringern und rasch anhalten zu können.

Ein Zusammenstoß mit anderen Schiffen ist daher, bei gehöriger Vorsicht von beiden Seiten, und ganz ungewöhnliche, die Touage an und für sich verbietende Flußverhältnisse ausgenommen, nirgends zu fürchten; am wenigsten aber in den diesfalls hauptsächlich beargwöhnten Flußkrümmungen, in denen der Stromstrich und die Thalschifffahrt sich hart an das concave Ufer andrängt, während der strömaufwärts fahrende Ketten-Remorqueur durch die nach vorne straff gespannte Kette dem convexen Ufer zugezogen wird, und alle Steuerkraft aufbieten muß, um sich