Seite:Das Archiv für Seewesen Band 5 Heft X 1869 S478.png

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über kurz oder lang eine den Verkehr ernstlich störende Verwicklung nicht zu vermeiden ist; während bei Seilen, in Anbetracht ihrer Glätte, anzunehmen ist, daß sie im gleichen Falle leicht über einander wegschlüpfen werden.

Die letztere Eigenschaft, welche, im Vereine mit der größeren Leichtigkeit, auch den beim Gebrauche der Kette unvermeidbaren Stößen und Vibrationen, sowie der durch dieselben hervorgerufenen rascheren Abnützung der Maschine vorbeugt, kommt dem Seile außerdem:

k) bei Verschotterungen im Flußbette zu Gute, rücksichtlich welcher es auf der Hand liegt, daß das glatte Seil leichter sie durchschneiden und sich von ihnen frei machen werde, als die Kette, deren durchbrochene Glieder einen steten Anlaß zur Festsetzung und Verklemmung größerer Geschiebsstücke geben.

Die vorstehende Aufzählung aller, auf die Anwendung der Kette und des Seiles Bezug nehmenden Daten und Facta hat keineswegs den Zweck, über diese beiden Zugmittel abzusprechen. Im Gegentheile geht aus ihr hervor, daß ein Endurtheil in dieser Angelegenheit überhaupt dermalen noch gar nicht gefällt werden könne, sondern mehrjährige Erfahrungen zu diesem Behufe abgewartet werden müssen.

Mag man sich auch immerhin, — wie dies beim Berichterstatter in der That der Fall ist, — persönlich der Ansicht zuneigen, daß dem Drahtseile die Zukunft der Touage angehöre, so muß man doch zugestehen, daß voraussichtlich dieser Zukunft noch eine Reihe von Verbesserungen und Vereinfachungen des Zugsmechanismus vorangehen werde, und daß wenigstens im gegenwärtigen Momente noch nicht behauptet werden könne, es müsse allüberall bei Einrichtung der Touage von der älteren Kettenschifffahrt abgesehen, und sich auf den modernen Standpunct des Drahtseilzuges gestellt werden.

Einführung der Touage in Oesterreich.

Für Oesterreich, welches im Begriffe ist, die Touage einzuführen, dürfte aus obigen Gründen der Streit um Kette und Seil vorläufig von secundärer Bedeutung, und vielmehr die Touage-Frage vorerst im Allgemeinen zu ventiliren, insbesondere aber zu erörtern sein:

ob und welche Aussicht auf Erfolg die Einführung der Touage in Oesterreich überhaupt habe?

und welche Rücksichten sowohl bei der Einführung, als beim Betriebe derselben zu beobachten seien?

Die Antwort in Betreff des voraussichtlichen Erfolges hängt von der eingehenden Würdigung sowohl commercieller als technischer Momente ab, von denen die Einen den Waarenverkehr zum Gegenstände haben, auf welchen das neue Transportmittel hoffen darf, während die Anderen ein Urtheil darüber begründen sollen, ob und in welchem Grade die zu befahrenden Gewässer sich für einen rationellen Touage-Betrieb eignen.

In ersterer Beziehung läßt sich, — auch ohne auf den exclusiv fachmännischen Theil der Sache einzugehen, — Angesichts der Wichtigkeit der österreichischen Wasserstraßen und der bekannten Hindernisse, welche sich der Bergfahrt auf denselben entgegenstellen, wohl mit Zuversicht behaupten, daß die Touage hier ein weites Feld für ihre Wirksamkeit vorfinde und auf eine ergiebige Ernte rechnen dürfe.

Es ist aber auch nicht zu verkennen, daß die Erreichung dieses Zieles energische Anstrengungen voraussetze; — daß das neue Communicationsmittel so manche Probe zu bestehen haben wird, ehe sich ihm das volle Vertrauen des handeltreibenden Publicums