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Das Ausland. 1,2.1828


von den feinsten Früchten genossen. Endlich treten sie aus den Grotten wieder hervor, während von allen Seiten die Blicke der hinter den Gardinen der benachbarten Häuser lauschenden Neugierigen auf sie gerichtet sind.

Am Abend nach dem Bade versammeln sich dann die Familien auf der Terrasse des Hauses. In die Töne der Harfe mischt sich der lärmende Klang der Cimbeln und Castagnetten. Nun beginnt der Tanz der Frauen, der viele Aehnlichkeit mit den andalusischen Nationaltänzen hat: in jeder Bewegung Grazie, Leben und Wollust. So dauern die Spiele und Feste, an denen jedoch nur die Frauen, und nur äußerst selten auch die Männer, Antheil nehmen, bis in die Nacht hinein.



Betrachtungen über die financielle Lage Englands.


(Fortsetzung.)

Der wahre Grund des Druckes ist nicht sowohl in der regelmäßigen Staatsausgabe in Friedenszeiten zu suchen, als vielmehr in einem fehlerhaften System unserer Handelsgesetzgebung und in der ungeheuren Staatsschuld. Es ist in der That nicht schwer zu zeigen, daß die Lasten, die dem Lande nicht zum Gemeinwohl, sondern blos zur Erhaltung höchst drückender Monopole aufgelegt sind, die ganze Ausgabe für die Staatsverwaltung (natürlich mit Ausschluß der Interessen für die Staatsschuld) übersteigen. Die Aufhebung dieser Monopole ist der große Gegenstand, auf den alle Operationen einer hellsehenden Staatsverwaltung gerichtet seyn sollten. In Vergleich hiermit, sind alle andere Gegenstände der innern Politik von untergeordnetem Interesse. Sollte aber diese wichtige Hülfe noch nicht hinreichen, um die Lage des Landes gründlich zu verbessern, so steht es noch immer in der Macht der Regierung, durch Abzahlung eines Theiles der Staatsschuld das Werk der Regeneration zu vollenden, der Industrie einen neuen Aufschwung zu geben, und den Reichthum und die Macht der Nation zu heben. Wenn dies erst geschehen ist, wenn die Mißbräuche, die unserem ganzen Finanzwesen den Untergang drohen, abgeschafft sind, dann kann man anfangen denen Gehör zu geben, die sich so gern durch Vorschläge, wie die, den Husaren ihre Schnüre zu nehmen, eine kleine Popularität erwerben möchten. Die Quantität aller verschiedenen Getreidearten, die jährlich in Großbritannien und Irland consummirt werden, ist, einer sorgfältigen Berechnung nach, mindestens auf 48,000,000 Quarters anzuschlagen, und der Durchschnittspreis für den Quarter würde, im Fall die Häfen für die Einfuhr fremden Korns gegen die feste Abgabe von 5 bis 6 Schilling für den Quarter geöffnet wären, höchstens 8 Schilling betragen.[1]

Die bestehenden Korngesetze die den Preis um mehr als das Doppelte in die Höhe treiben, wirken demnach für den Consumenten als eine Auflage von 8 Schilling auf den Quarter; so daß also der Betrag dieser Beschatzung im ganzen Reiche sich auf 19,200,000 Pfund Sterling d. h. ungefähr eben soviel, als die Gesammt-Kosten der Staatsverwaltung, belauft! Und dies ist noch nicht einmal der schlimmste Gesichtspunkt, unter dem man dieses Monopol betrachten kann. Es zwingt uns nicht blos einen unnatürlich hohen Preis für unser Brod zu bezahlen, sondern es zwingt uns auch, dieß zu thun, ohne irgend einem Gliede der Staatsgemeinde einen verhältnißmäßigen Vortheil dadurch zuzuwenden.

Die Pächter haben nämlich keinen größern Gewinn von dem Capitale, dessen sie bedürfen um das Korn zu bauen, als Manufacturisten und Kaufleute. Der höhere Preis des Korns ist freilich so lange für den Pächter vortheilhaft, als sein Pachtcontract dauert, aber nach Ablauf desselben wird das Pachtgeld im Verhältniß der erhöhten Preise gesteigert. Die Landbesitzer sind die einzigen, die von den Beschränkungen des Kornhandels Nutzen ziehen; aber auch sie haben verhältnißmäßig nicht so viel Gewinn, als die andern Classen Schaden leiden. Bei gewöhnlichen Steuern erhält der, dem die Steuer zu Gute kommt, gerade so viel, als das Volk verliert; aber dieß ist nicht der Fall bei den Summen, die den Consumenten durch die Einfuhrverbote fremden Korns aus der Tasche gezogen werden. Das Verbot steigert die Kornpreise, und veranlaßt daher den Kornbau auf schlechtern Grund und Boden im Inlande, als worauf man im Auslande Korn baut, und das Steigen des Preises steht demnach mit den größern Kosten der Bearbeitung dieses schlechten Bodens im Verhältniß. Der Theil der rohen Erzeugnisse eines Landes, der die Productionskosten, den gewöhnlichen Gewinn vom Kapital des Landmanns mit inbegriffen, übersteigt, macht den Ertrag des Landeigenthümers aus, und in sofern der Preis für diesen Theil der Erzeugnisse künstlich in die Höhe getrieben ist, genießt der Eigenthümer einen besondern Vortheil. Nun wurde aber vor den Ausschüssen des Hauses der Gemeinen bei Gelegenheit der Korngesetze in den Jahren 1814 und 1821 bewiesen, und ist durch die besten Werke über die Landwirthschaft bestätigt, daß in die Kassen der Landeigenthümer nur der vierte Theil des ganzen Betrags dieser, man darf wohl sagen, völlig ungerechten Abgabe fließt; und gesetzt auch man könnte das für die Landeigenthümer und die andern Volksklassen gleich nachtheilige häufige Wechseln der Preise verhindern, so würden den Privilegirten von den neunzehn Millionen, die das Volk durch die Korngesetze verliert, doch nur fünf Millionen zu Gute kommen! Die übrigen werden verschwendet, ohne daß sie irgend jemandem Nutzen bringen. Man könnte sie eben so gut in die See oder ins Feuer werfen.

Die Vertheidiger des Ackerbaumonopols mögen sich geberden wie sie wollen; der einzige Einwurf, den man gegen unsere Berechnung machen könnte, ist der, daß wir

  1. S. Edinburgh Review No. 88.
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_059.jpg&oldid=- (Version vom 8.10.2021)