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Das Ausland. 1,2.1828


Augen einem, frommer Zurückgezogenheit geweihten Heiligen angehören sollten. Wie konnte die Seele eines Anachoreten den Körper eines Gladiators zum Wohnsitze wählen? Trotz der Gegenvorstellungen meines ersten Ministers, bezahlte ich die Blumen und Früchte des Bruders Vicenzio, die dieser um einen Spottpreis verkaufte. Seine lebhafte Dankbarkeit drückte sich auf die liebenswürdigste Weise von der Welt aus, worauf er sich mit einem frommen Spruch und tiefen Bücklingen entfernte. Ich freute mich, für den Augenblick einen Glücklichen gemacht zu haben; und zufrieden mit mir selbst, warf ich aufs neue einen heitern Blick auf meine heute früh eingekauften sieben Sachen. Diese Cameen waren höchst mittelmäßig; keine von den Medaillen hatte irgend einen Werth; die antiken Vasen wurden vielleicht erst in der letzten Woche geformt: dennoch fand ich selbst in den schlechtesten dieser angeblichen Meisterwerke den, jedem Italiener eigenthümlichen Geschmack, jenen Instinkt für das Schöne, der die Antike überall mehr oder minder glücklich nachahmt. Es konnte mich nicht reuen, mein Geld dafür ausgegeben zu haben. Wie sehr hatten die Verkäufer ihre Beredsamkeit verschwendet, wie hatten sie, um mich von der Vortrefflichkeit ihrer Sachen zu überzeugen, das ganze Wörterbuch der Kunst und der Höflichkeit erschöpft! Das kleine Opfer, das ich gebracht hatte, erschien mir nur wie eine für den guten Empfang des Fremdlings abgetragene Schuld, wie eine dem Genius der Stadt gebrachte versöhnende Gabe. – Ich war zufrieden mit mir, mit den Antiquaren und meiner ganzen italienischen Reise.

(Fortsetzung folgt.)


Die französische Akademie.
(Fortsetzung.)

Die französische Akademie unterlag der Revolution. Ein Dekret des National-Konvents vom 8 August 1793 befahl ihre Auflösung; schon 1795 wurde sie neu organisirt als ein Theil des Nationalinstituts, dessen dritte Klasse unter dem Namen „Littérateurs et artistes“ die alte Akademie in sich aufnahm. Das Nationalinstitut erhielt 1803 eine neue Eintheilung in vier Klassen, wovon die zweite „langue et litterature française“ an die nämliche Stelle trat. Endlich stellte das Restaurations-Jahr 1816 die alten Formen mit den alten Namen wieder her.

Bei der Organisation Napoleons saßen zwölf Mitglieder von der alten Akademie auf den neuen Fauteuils; die übrigen Stellen wurden neu besetzt; die Purification der Bourbonen schloß von den Napoleon’schen Akademikern eilf, nämlich den Herzog von Bassano, Garat, Cambaceres, Maury, Merlin, Sieyes, Röderer, Arnault, Lucian Bonaparte, Etienne, Regnaud de Saint Jean d’Angely, aus; statt derselben wurden durch königl. Ordonnanz kreirt: die Herzoge von Levis, von Richelieu, von Montesquiou, die Marquis Ferrand, Lally Tollendal, die Vicomtes Bonald, Lainé, Kardinal Bausset, Choiseul-Gouffier; gewählt von der Akademie: Laplace und Auger. Ludwig XVIII gab hierauf der Akademie die Wahlfreiheit zurück.

Die republikanische Periode der französischen Akademie hat sich wenig ausgezeichnet. Während die Welt im Schwanken war, konnte die Wissenschaft keine feste Basis gewinnen. Die Erwerbungen, welche die französischen Eroberer im Gebiete der Kunst und des Alterthums gemacht haben, gehören weniger der Akademie, als der Geschichte der Nation, oder, wenn man will, der Geschichte der Akademie der Inschriften an. Gewissermaßen wurden aber beide Akademien, ob sie gleich besondere Klassen im Nationalinstitut bildeten, in einander verschmolzen: die französische Akademie, als die Klasse der Literatur und der schönen Künste, und die Akademie der Inschriften, als die Klasse der politischen und moralischen Wissenschaften. Von beiden Klassen hat man eilf Preisaufgaben aus diesem Zeitraum: einen poetischen über die Gründung der Republik; vier rhetorische, über den Einfluß der Malerei auf die Sitten, über das Studium der lateinischen und griechischen Sprache, über die alte Bildhauerei und über Leichenzeremonien; sechs wissenschaftliche, über den Einfluß der Zeichen auf die Bildung der Ideen, über die Erweckung des Wetteifers in der Erziehung, über den Geist der Freiheit unter Franz I, über den Einfluß der Gewohnheit aufs Denken, über die Jury, über Auflagen.

Der philosophische Geist des 18ten Jahrhunderts dauerte auch in der Napoleon’schen Akademie fort, nur auf einer weitern Basis. Die Redepreise schließen sich an die letzten vor der Revolution an, und haben meist die Verdienste großer Männer zu Gegenstand. Die poetischen Aufgaben, die schon vom Jahr 1754 an das panegyrische Feld verlassen haben, werden immer mehr wirklich poetisch, indem sie ihren Stoff aus der freien Anschauung des Großen und Herrlichen schöpfen, was jede Zeit hervorbringt, und was das Leben veredelt und verschönert. Die neue französische Akademie von 1816 ist dem Geiste nach eine bloße Fortsetzung des Nationalinstituts, nur daß sie eine gewisse constitutionelle Farbe trägt; sie feiert einen Montesquieu, einen de Thou, die Beredsamkeit der Tribune und des Tribunals in Reden, – die Jury, den wechselseitigen Unterricht, den Muth der französischen Aerzte in Barcelona, die Abschaffung des Sklavenhandels in Gedichten.

Diese philanthropischen Aufgaben erinnern an die letzten vor der Revolution, wo z. B. Preise auf die rednerische Schilderung der Uebel des Kriegs, der Vortheile des Friedens, Preise auf die poetische Darstellung der in den Domänen Ludwigs XVI abgeschafften Leibeigenschaft, des 1787 zu Gunsten der Nichtkatholiken erlassenen Edikts, der heldenmüthigen Aufopferung Leopolds von Braunschweig ausgesetzt waren. So ward 1815 die Einführung der Kuhpocken eines poetischen Preises gewürdigt. In der neuesten Zeit gewinnt die französische Akademie immer mehr den Charakter einer ehrenvollen Unabhängigkeit, die sie besonders durch Delavignes und kürzlich durch Royer-Collard’s Wahl erprobt hat. Ausser den gewöhnlichen Preisaufgaben, neun und siebenzig rednerischen und acht und siebenzig poetischen, ist noch zu bemerken, daß von einem Privatmanne, Montyon, Preise für das nützlichste Werk der

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_077.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)