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Das Ausland. 1,2.1828

vom J. 388 bis 485, eine Uebersetzung der alten Geschichte von Rollin, eine Geschichte des 18ten Jahrhunderts, an deren Fortsetzung noch fortwährend gearbeitet wird, eine allgemeine Geographie in 11 Bänden, eine Beschreibung des alten Armeniens u. a. m.

Von den Grammatiken neuerer Sprachen, welche die Mechitaristen zum Besten ihrer Landsleute herausgegeben haben, ist die armenisch-englische auch besonders dadurch merkwürdig, daß sie eine Uebersetzung des apokryphischen Briefes der Corinther an Paulus von Lord Byron enthält. Dieser besuchte während seines Aufenthaltes in Venedig das Kloster täglich, um die armenische Sprache zu lernen, und die angeführte armenische Grammatik ist eine Frucht seiner Unterrichtsstunden.

Außer Lord Byron ist uns kein Europäer bekannt, der die vortheilhafte Gelegenheit, welche die Insel San Lazzaro zum Studium der armenischen Sprache darbietet, benutzt hätte; doch könnte jeder Gelehrte, der diesen Zweck verfolgen wollte, der zuvorkommendsten Aufnahme gewiß seyn. Und wenn vielleicht die abenteuerliche Schilderung, die Krails Mnemosyne von einem armenischen Mönch entwirft, einiges Bedenken einflößen sollte: so versichern wir unsere Leser, daß das Urbild derselben, außer in der Phantasie des Verfassers, gewiß nirgend existirt hat; wie schon der einfache Umstand beweist, daß jener angebliche Armenier lateinische Psalmen lesen soll, was wahrscheinlich wenigen seiner Brüder jemals begegnet ist.

Venedig, September 1827.   K. H. H.




Organisation, Stärke und Vertheilung der persischen Armee.


(Schluß.)

Die irregulären Truppen sind in zwei Infanteriedivisionen und fünf Kavalleriekorps eingetheilt. Das Geschütz wird durch Kamele transportirt.

Die erste Infanterie-Division, Djambas genannt, ist 12,000 Mann stark, und bildet die königliche Garde. Ihre Uniform ist eine kurze rothe Tunika: ihre einzige Waffe eine lange Muskete ohne Bayonet. Jeder Soldat erhält jährlich zwölf Tomans (etwa 130 Gulden) und einiges Getreide.

Die zweite Infanterie-Division, die Schahitufangis, (königl. Füseliere,) gehört ebenfalls zu der Garde des Fürsten. Sie ist 30,000 Mann stark, und in der Umgegend von Teheran gelagert. Sie sind wie die Djambas bewaffnet, tragen aber keine regelmäßige Uniform. In Friedenszeiten empfangen sie die gleiche Bezahlung wie jene; im Kriege aber erhalten sie nur den halben Sold, da alsdann der Staat für die meisten Bedürfnisse ihrer Unterhaltung sorgt.

Das erste Korps der irregulären Kavallerie, aus gepanzerten Reitern bestehend, zählt gegen 40,000 Pferde, von denen 4000 zu der Garde des Thronerben bestimmt sind. Diese Reiter tragen krumme Säbel und vierzehn Fuß lange Lanzen. Den Kopf bedeckt ein Helm, von welchem eine Art stählernen Netzes herabhängt, die die Schultern schützt. Auch der Arm ist, von dem Handgelenke bis zum Ellenbogen, von einem ähnlichen Netze bedeckt. Ferner tragen sie am linken Arme einen runden Schild, und am rechten ein Armband so wie einen mit Pelz gefütterten Handschuh. Die Pferde sind von türkischer und arabischer Race. Dieses Korps hat sich, namentlich gegen die Türken, stets ausgezeichnet. Ihre Lanzen gebrauchen sie mit großer Gewandheit. Beim Eintritt in das Korps erhält jeder Reiter eine vollständige Uniform und Bewaffnung, dann aber wird ihm, so lange er im Dienste bleibt, kein Stück dieser Ausrüstung neu angeschafft, außer wenn er es auf dem Schlachtfelde verliert. Jeder erhält einen jährl. Sold von 24 Tomans (ungefähr 260 fl.) und drei oder vier Scheffel Getreide.

Das zweite Kavalleriekorps, die Golams (wörtlich Sklaven), ist von unbestimmter Zahl. Die Golams sind trefflich beritten, und führen alle Arten von Waffen, im Handgemenge mit dem Feinde jedoch meistens den Karabiner, den Säbel und die Pistolen. Ihr Sold beträgt 20 bis 26 Tomans jährlich, und außerdem erhalten sie Futter für ihre Pferde.

Das dritte Kavalleriekorps, Golam–Tufangi genannt, kämpft sowohl zu Pferd als zu Fuß, Jeder Soldat ist mit einer langen Muskete bewaffnet und führt eine Art Gabel mit sich, auf welche er, wenn er zu Fuße ficht, das Gewehr auflegt, um desto sicherer zielen zu können.

Das vierte Reiterkorps bildet die Kavallerie der Provinzen, Hathy genannt. Jede Provinz liefert die nöthigen Waffen nach eigener Wahl, daher einige mit Piken, andere mit Karabinern, wieder andere mit Bogen und Pfeilen etc. bewaffnet sind. Die Pferde dieses Korps sind nicht so gut als die der andern, aber, da die verschiedenen Provinzen sie liefern müssen, außerordentlich zahlreich.

Das fünfte irreguläre Kavalleriekorps endlich führt den Namen Azarij. Es wird ganz auf Kosten des Staats bewaffnet und ausgerüstet, besteht aber aus lauter bejahrten Männern, welche zum strengen Kriegsdienste nicht geeignet sind. Sie erhalten keinen Sold, sondern blos Nahrung für sich und ihre Pferde.

Der letzte, so unglücklich geführte Krieg wird den Schah von Persien und seinen Thronerben aufs Neue von der Nothwendigkeit eines möglichst großen und disciplinirten Heeres überzeugt haben, und es ist zu erwarten, daß besonders auch die Engländer, die in den Journalen aller Parteien ihre Wünsche aussprechen, am Hofe von Teheran alles aufbieten werden, um zu bewirken, daß nichts vernachlässigt werde, was Persien eine Achtung gebietende Stellung geben kann.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_106.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)