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Die Blüthezeit der indischen Literatur.

(vorerst unberücksichtigt.)


Uebersicht der neusten italienischen Literatur.


(Schluß.)

Einige Gelehrte wollten die Geißel der Kritik über Großi’s Ildegonda schwingen, die unseres Bedünkens nicht über allen Tadel erhaben war; allein die ganze Nation zollte dem jugendlichen Dichter ihren Beifall, und hegte die schönsten Hoffnungen von ihm, die man allgemein in seinen Lombardi alla prima crociata verwirklicht zu sehen erwartete. Die Idee zu diesem Gedichte gaben Grossi vielleicht einige Artikel von Ermes Visconti in seinem Conciliatore, einem Journal, das einige Zeit in Mailand erschien und sich die Vertheidigung des Romanticismus zur Hauptaufgabe gemacht hatte. Visconti glaubte, Tasso hätte seinen Gegenstand nicht gehörig zu benutzen gewußt, und die Kreuzzüge dürften immer noch einem Romantiker den glücklichsten Stoff zu einer Bearbeitung darbieten. Ueberzeugt durch Visconti’s Autorität, oder, weil er selbst sich die Sache so dachte, wagte sich Grossi an diese schwierige Aufgabe und schrieb seine Lombardi alla prima crociata. Wir sind der Meinung, daß man bei Werken der schönen Künste, wofern nicht starke Gründe für das Gegentheil sprechen, die allgemeine Stimme der Nation als sehr gewichtig annehmen müsse und haben deshalb in diesen Artikeln nie unterlassen zu bemerken, wie sich die Nation über die Werke, die wir zu nennen Gelegenheit hatten, ausgesprochen habe. So dürfen wir nun auch hier nicht übergehen, daß die Lombardi insgemein von der ganzen Nation ungünstig beurtheilt wurden, so entschieden auch das Vorurtheil war, das man für den Dichter gehegt hatte. Es fand sich, daß Grossis Gedicht, da wo es der Geschichte treu bleibt, eine bloße Chronik in Versen, und im Uebrigen eine sentimentale Novelle ohne Verknüpfung mit dem eigentlichen Thema ist. Der Stil selbst war nicht sehr verschieden von dem in der Ildegonda. Nur stellten sich bei dieser größern Arbeit die Fehler mehr heraus, die aus einer gewissen Mißachtung aller Kunstregeln entsprangen, was denn sehr leicht in Nachlässigkeit überhaupt und in Nichtpoesie ausartet. Die Ausgabe der Lombardi, die der Verfasser in Mailand veranstaltete, wurde schnell beinah ganz verschlossen, weil der Ruf, dessen er sich erfreute, ihm gleich beim Erscheinen des Werks mehr denn 2000 Abnehmer verschaffte: später ward es nur noch einmal aufgelegt; und Italien spricht jetzt weder von dem Gedichte, noch von dem Dichter mehr. Einige hatten geweissagt, Grossi’s Gedicht würde das befreite Jerusalem in Schatten stellen; und wirklich könnte man glauben, daß Grossi selbst sich dergleichen Träumen hingab, wenn man sieht, daß er in mehreren Stellen geradezu die Lanze gegen Tasso eingelegt hat. Aber wie dem auch sey, der Ruhm des großen und unglücklichen Dichters ist aus diesem Streite nur noch herrlicher und glänzender hervorgegangen.

Soviel von den Werken romantischer Dichtkunst. Indessen versuchten sich einige andere Dichter in der Epopöe nach den antiken Gesetzen dieser Gattung. Professor

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