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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 33. 2. Februar 1828.

Skizzen aus Brasilien.

(Aus einem Schreiben des russischen General-Consuls in Brasilien, Herrn Staatsrath von Langsdorf, aus Cuyaba (in Matto grosso) vom 5. Julius 1827. Mitgetheilt von Herrn Julius von Klaproth.

Das Mißtrauen der Regierung hatte seit langer Zeit den Eingang Brasiliens dem fremden Forscher verschlossen, und hielt die Aufklärung von diesem Lande, auf alle Weise, ab. Dem Kaiser Don Pedro verdankt die Welt die Eröffnung dieser höchst merkwürdigen und reichen Provinzen, in denen der Reisende jetzt keine andern Hindernisse antrifft, als die welche ihm die Natur in ihrer wilden Kraft entgegen setzt.

Die Bewohner von Cuyaba waren erstaunt, die russische Flagge auf ihrem Strome wehen zu sehen. Die Schnelligkeit unserer Reise, obgleich sie nicht mit der Eile gemacht worden, mit welcher die Kaufleute die große Strecke zwischen St. Paul und Cuyaba zurück legen, hatte uns nicht erlaubt, mehr als eine allgemeine Uebersicht über die natürlichen Reichthümer dieser herrlichen Länder zu nehmen, welche man vielleicht erst nach Jahrhunderten in ihrem ganzen Umfange kennen lernen wird. Man hat keine Vorstellung von den wundervollen Eindrücken, die der rasche Wechsel der Naturscenen auf den Reisenden hervorbringt, wenn er, die Ströme hinuntergleitend, an dieser stets sich verjüngenden Pflanzenwelt, die den Botaniker bezaubert, an diesen bald starren und melancholischen, bald freundlichen und lachenden Landschaften vorüber geführt wird.

Die Ströme mit ihren zahllosen Wasserfällen, die im Sturmlauf dahinrollen, stellen ein jugendkräftiges Leben dar, das sich dem Gemüthe mittheilt. Die Ufer entlang, die mit Blitzesschnelle entfliehen, wird das Schiffchen ein Spiel der schäumenden Wogen, mit Wuth vom Strome fortgerissen, dicht an den Verderben drohenden Klippen vorbei. Nur eine vollkommene Kenntniß der gefährlichen Stellen und eine lange Uebung kann hier den Piloten bilden; und dort fährt man über diese strudelnden Wasserstürze mit so großer Sicherheit hin, daß man oft nicht einmal die Ladung des Schiffes verringert, um es besser regieren zu können.

Der Rio Tieté hat auf seinem ganzen Laufe unzählige Abstürze und zwei bedeutende Wasserfälle, den Avanhadara und Itapura. welch letzterer den großartigsten Anblick darbietet. Nur in der Mitte bildet der Fluß den Wasserfall, indem er aus einer Höhe von mehr als 50 Fuß in eine Kluft von der Form eines Hufeisens hinunterstürzt, während zu beiden Seiten das Wasser ziemlich ruhig am Ufer fortfließt.

Aus dem Tieté traten wir in den unermeßlichen Paraná; der Urabapunga-Sturz erregt durch seine ungeheure Größe Erstaunen. Der Fluß ist hier über eine Meile breit. Der Rio Pardo entsteht aus der Vereinigung der beiden Flüßchen Sanguiruga und Vermelho (der Rothe), welcher letztere seinen Namen davon erhalten hat, weil sein Wasser einem rothen Kothe gleicht. Der Rio Pardo erhält auf seinem 60 Meilen langen Laufe eine große Menge Zuflüsse, von denen der kleine und große Nhundai die bedeutendsten sind. Wir verließen den Paranà und schifften den Rio Pardo aufwärts bis Sanguiruga, wo der kleine Fluß dieses Namens aufhört schiffbar zu seyn. Von hier bis Fazenda di Camapuan, 2½ Meilen weit, wurden die Nachen auf Karren geführt. Zu Camapuan ist das Registro, wo die Kaufleute der Regierung die Abgaben von den Waaren entrichten, die sie nach der Provinz Matto grosso bringen, so wie auch den bedungenen Preis für die Schiffe, welche sie bis hierher geführt haben. Diese Fazenda oder Niederlassung gehört einer Gesellschaft von Unternehmern, die viele Sclaven unterhalten. Obgleich der Boden höchst fruchtbar, und die Lage des Ortes vortheilhaft ist, so schadet doch ihre Entfernung dem Aufkommen derselben. Früher, als die Schiffahrt auf den Flüssen bedeutender war, und die ganze Communication mit Cuyaba nur auf diesem Wege statt hatte, war der Ertrag der Niederlassung ansehnlich; jetzt aber geht sie ihrem Untergang entgegen.

von Camapuan bis zum Paraguay schifft man drei Flüsse abwärts, den Camapuan, den Cochim und den Tacuari; vor der Mündung des letztern fangen die großen Sümpfe an, welche der Cuyaba durchfließt. Von dem Einfluß des Tacuari an fährt man den Paraguay aufwärts, dann den St. Lorenzo und den Cuyaba, an dessen linkem Ufer die Hauptstadt der Provinz Matto grosso liegt.

Auf unserer Fahrt sahen wir zwei indische Völkerschaften, die Guanas und Guatòs; unter den letzteren sieht man die schönsten Männer, die auf dem Erdkreise zu finden sind. Diese Indianer wohnen größtentheils an den Ufern des Paraguay und des St. Lorenzo, an den sie sich zur Zeit des hohen Wassers begeben. In den trockenen Monaten bewohnen sie die Dourados (Eldorado), genannten

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_139.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)