Seite:Das Ausland (1828) 171.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 41. 10. Februar 1828.

Die neue Universität in London.

Statement by the Council of the University of London explanatory of the Nature and Objects of the Institution.

Im Mai des J. 1826 bereits publizirte der Rath der Universität London eine allgemeine Uebersicht des Plans dieser Anstalt und der Zwecke ihrer Stifter.[1] Das Aktenstück, welches hier im Auszuge mitgetheilt werden soll, umfaßt die Resultate der nachmaligen Berathungen jener Behörde über die einzelnen Zweige des ihrer Fürsorge anvertrauten Gegenstandes, und wurde unter dem 17. Juli 1827 aus der Universitäts-Kammer erlassen. Es ist dasselbe in 9 §§. abgetheilt, denen noch ein Appendix beigefügt ist, da außer dem Prospectus und einer Beschreibung der Feierlichkeiten, womit die am 30. April 1827 stattgehabte Grundsteinlegung des Universitäts-Gebäudes begleitet war, die unterschiedlichen von dem Rathe den Generalversammlungen der Eigenthümer oder Actionäre erstatteten Berichte, so wie die von diesen letztern gefaßten Beschlüsse enthält.

Im ersten Paragraphen werden die Gründe entwickelt, weshalb die Errichtung einer neuen Universität in England ein wahres Bedürfniß geworden ist.

Schon lange bedauerte man, heißt es im Eingange, daß ein sehr großer Theil der englischen Jugend, für die, in Hinsicht auf ihre dereinstigen Berufsgeschäfte, eine akademische Bildung höchst wünschenswerth wäre, sich dieses wichtigen Vortheils beraubt befand. Oxford ist, nach seinen Statuten, nur denjenigen zugänglich, die zur anglikanischen Kirche gehören; und wenn schon Cambridge von der Strenge seiner Regeln in so weit nachgelassen hat, daß nun auch die Dissenters daselbst ihre Bildung erhalten, jedoch ohne Grade erlangen zu können, so ist doch auch diese Universität, in Betreff der Religion, kaum minder ausschließend, als Oxford. Eine andere und sehr ernstliche Ursache, die den Besuch jener Universitäten erschwert, ist der damit verknüpfte Kostenaufwand: ein Uebelstand, der allerdings nicht aus den Honoraren für den Unterricht entspringt, – denn diese Honorare sind sehr billig – sondern vielmehr aus der theuren Lebensweise, die bei den Ungraduirten eingerissen ist, und die, der desfallsigen Bemühungen der Vorgesetzten ungeachtet, von Jahr zu Jahr zugenommen hat. ... Allein befänden sich auch die aus der Religion und dem Kostenaufwande entspringenden Schwierigkeiten gänzlich beseitigt, so wäre es doch jenen Universitäten unmöglich, alle Zulassungsgesuche anzunehmen; denn eben jetzt sind beide Anstalten wahrhaft überfüllt, und hinsichts der berühmtesten Kollegien zu Oxford muß, um die Aufnahme zu sichern, die Anmeldung mehrere Jahre früher geschehen, bevor ein junger Mann bereit ist, einzutreten. – Erwägt man nun hiernach, wie bedeutend einerseits die Anzahl und der Wohlstand derjenigen ist, die nicht zur anglikanischen Kirche gehören, andererseit aber, welch ein großer Theil des englischen Volks aus Personen besteht, die sich in guten Umständen befinden, ohne gerade reich zu seyn, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das höchste Landes-Interesse dringend die Errichtung einer Anstalt fordert, wo eine wissenschaftliche Bildung zu billigen Kosten erworben werden, und an welcher Personen jedweden religiösen Glaubens ungehindert Theil nehmen können. – Auch darf man nicht vergessen, daß ein dem dereinstigen Berufe entsprechender Studiencursus in der Rechts- und Arzneiwissenschaft nicht gerade zu den Hauptgegenständen des Unterrichts zu Oxford und Cambridge gehört; außerdem aber noch die Hauptstadt zur Verknüpfung des theoretischen mit dem praktischen Theile dieser Zweige der Wissenschaften örtliche Vortheile darbietet, deren man sich in gleicher Art nirgendwo in der Provinz zu erfreuen hat. Auch ist die Folge hievon, daß in England nur ein sehr kleiner Theil der Genossen dieser gelehrten Gewerbe, besonders im medizinischen Fache, seine allgemeine Bildung auf einer Universität erhält. Es ist nehmlich erwiesen, daß von allen jetzt in England prakticirenden Aerzten etwa

  1. Der Rath der Universität London besteht dermalen, nach dem diesem Statement vorangeschickten Verzeichnisse, aus folgenden Personen:
    James Abrecombie, Parlamentsglied, k. Generaladvokat; Lord Auckland: Alexander Baring, Parlamentsglied: Georg Birkbeck, M. Dr.; Heinrich Brougham, Parlamentsglied, Mitglied der k. Ges.; Thomas Campbell, Rector der Universität Glasgow; Graf Dudley, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Isaac Lyon Goldsmid, Mitglied der k. Ges. von London; Olinthus G. Gregory, b. R. Dr.; Georg Grote jun.; Joseph Hume, Parlamentsglied, Mitglied der k. ges.; Marquis v. Landsdown, bisheriger Minister; Zacharias Macauley, Mitglied der k. G.; Sir James Mackintosh, Parlamentsglied; James Mill; Herzog v. Norfolk, Mitglied der k. G.; Graf Marschall; Lord John Russel, Parlamentsglied; William Tooke, Mitglied d. k. Ges. von London etc.; Heinrich Warbourten, Parlamentsglied, Mitglied der k. Ges.; Heinrich Waynouth; John Whishaw, Mitglied der k. Ges.; Thomas Wilson.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_171.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)