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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 74. 14. März 1828.

Die Niederlage der Wechabiten.


Kahle Berge und dürre Ebenen, die versengende Hitze der Sonne und das ewige Einerlei der Wüste, der Araber und seine Kameele sind dem mit orientalischer Poesie auch nur wenig vertrauten Europäer eben so anziehende als bekannte Gegenstände. Aber nicht so oft ist die diesen Völkern eigenthümliche Art Krieg zu führen geschildert worden. Wenn der Krieg der Engländer mit den Ashantees keine Ausnahme macht, so sind gewiß seit längerer Zeit die Truppen civilisirter Nationen mit einfachen Wilden in keine feindliche Berührung gekommen. Ihre Art den Speer, den Schild und ihr breites Schwert zu gebrauchen, ihre völlige Unbekanntschaft mit der Disciplin, und ihre ordnungslose Weise anzugreifen, führen uns, im Gegensatz mit unserer modernen Kriegskunst, in die ältesten Zeiten eines grauen Alterthums zurück.

Durch ihre Verbindung mit dem Imam von Muscat wurden die Engländer zuerst in feindliche Berührung mit diesen Bewohnern der Wüste gebracht. Zwischen dem größten Theil der arabischen Familien, welche zerstreut in den, unter dem Namen des glücklichen Arabiens bekannten Sandebenen wohnen, und jenem Häuptling, bestanden nicht allein freundschaftliche Verhältnisse, sondern auch nicht selten Bündnisse, bis der religiöse Fanatismus der neuen deistischen Secte der Wechabiten seine Flammen nach allen Richtungen verbreitete. Eines ihrer Corps war bis vor Muscat gerückt und hatte die Truppen des Imam’s geschlagen. Die brittische Regierung in Indien hatte damals unter dem Befehle eines Capitän Thompson eine Abtheilung von 500 Sipois zu seiner Verfügung gestellt. Der Imam schickte diese in das Innere des Landes gegen den festen Standpunkt des Feindes, Ben-Bu-Ali, ungefähr 70 Meilen von der Küste, in der größten Hoffnung, daß einer disciplinirten Macht der Sieg nicht entgehen könne. Der Ausgang lehrte das Gegentheil. Capitän Thompson rückte mit Anstrengung und Aufopferungen bis eine halbe Stunde vor der Stadt vor, und fiel hier in einen Hinterhalt. Die Wechabiten, ungefähr 800 Mann stark, hatten sich hinter einen Hügel gelagert, welcher nicht vermieden werden konnte. Sie erwarteten den günstigen Augenblick, und stürzten sich dann mit einem fürchterlichen Geschrei auf den unvorbereiteten Feind. Es ist kein Wunder, daß die plötzliche Erscheinung eines aus so entsetzlichen Gestalten bestehenden Feindes unter den Sipois augenblicklich einen panischen Schrecken verbreitete. Ihre Speere vor sich haltend und ihre doppelschneidigen Schwerter schwingend, waren die Wechabiten in einem Moment in ihren Gliedern. Die Sipois konnten ihre Waffen nicht gebrauchen, und obgleich man mehrere Versuche machte sie wieder zu sammeln, so war es doch unmöglich, sie zum Stehen zu bringen. Sie warfen ihre Gewehre weg und flohen. Nur wenige entkamen, und der Sieg der Araber war vollkommen.

Als die Nachricht von dieser Niederlage nach Bombay kam, beschloß die Regierung gegen jene Niederlassung der Wechabiten eine Expedition zu unternehmen. Das 65te Regiment, das Bombayer europäische Regiment, ein leichtes Bataillon Sipois, das zweite Bataillon des siebenten Infanterieregiments der Eingebornen und vier oder fünf Artillerieabtheilungen nebst zwei Compagnien Schanzgräber erhielten Befehl sich zu diesem Endzweck bereit zu halten. Der Oberbefehl ward dem Generallieutenant Sir Lionel Smith anvertraut, und im Januar 1821 wurde eine Macht von nicht weniger als 3000 Mann – in diesen Gegenden eine Armee – eingeschifft.

Wir sind nicht im Stande, sagt einer der Offiziere, welche diese Expedition begleiteten, mit geographischer Genauigkeit unseren Landungspunkt in Arabien anzugeben: er liegt auf der Küste des persischen Meerbusens; der Haufen Hütten, aus welchen die nächste Stadt besteht, findet sich auf keiner Charte angezeigt. Bis zu dieser Stadt, Zoar, marschirten wir ohne Hindernisse.

Der Weg nach diesem Platze überzeugte mich eben nicht von der Richtigkeit des Ausdruckes „gesegnet,“ wenn er von Arabien gebraucht wird: indessen meinte ich, würde diese Benennung den Schönheiten des Innern desto angemessener seyn. Ich wußte, daß die Araber (wenn auch kriegerisch) ein Hirtenvolk sind, und an den Gedanken eines idyllischen Hirtenlebens knüpft sich unwillkürlich die Idee einer bezaubernden Landschaft. Mein Irrthum hätte nicht größer seyn können. Die Aussicht blieb, wohin man sich auch wenden mochte, ewig dieselbe, nackt und kahl, todt und unerquicklich. Umsonst sieht sich der Wanderer nach der geringsten Abwechslung um: Berge, einer jeden Spur von Vegetation entbehrend, treten auf allen Seiten dem müden Auge entgegen; überall eröffnen dieselben endlosen Sandhügel die Aussicht in eine trostlose Wüste. Ein langweiliges Einerlei ermüdet, während die Hitze unerträglich ist, und nicht, wie in Indien, periodische Regen fallen,

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_307.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)