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Das Ausland. 1,2.1828


bedürftigen armenischen Könige im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung die Nation mit der griechischen oder abendländischen Kirche auszusöhnen, – die Vereinigungssynoden, wenn sie deren zu Stande brachten, dauerten gewöhnlich nur auf die Zeit ihrer politischen Uebermacht, und waren im Ganzen auf die Masse der Nation nur von geringer Wirkung. Noch in demselben Jahre, in welchem der feurige Abraham alle Anhänger der Synode von Chalcedon mit Bann und Verderben belegte, berief Kaiser Mauritius eine kirchliche Versammlung der Armenier, Georgier und Griechen nach Constantinopel, ohne irgend eine Vereinigung zu Stande bringen zu können. Glücklicher war dem Anscheine nach sein zweiter Nachfolger Heraklius. Nach seinen Siegen über die Perser ließ der staatskluge Mann eine Synode zu Karin, griechisch Theodosiopolis genannt [1], zusammentreten (629) und bewirkte, was von mehreren berichtet wird, die Annahme der Beschlüsse von Chalcedon und die Abschaffung der oben berührten Neuerungen, vorzüglich in der Liturgie und in der Bestimmung der Kirchenfeste. Mag es sich mit dem Concilium des Kaisers Heraklius verhalten wie es wolle – die Nachrichten hierüber sind so widersprechend, daß Tschamtschean, an einer Vereinigung derselben verzweifelnd, sie nach der Reihe aufzählt (II, 535) – soviel erhellt aus den Folgen, daß nemlich diese, wie es scheint gewaltsame, Handlung von sehr geringer Wirkung auf die Nation geblieben ist, und daß mit der politischen Uebermacht der byzantinischen Kaiser auch die Beschlüsse der Synode von Karin fielen. Noch waren keine zwanzig Jahre verflossen, als auf einer neue Synode zu Tuin unter dem Patriarchen Katholikos, Nierses Tschinoch (im Jahre 648) die Beschlüsse von Karin einstimmig verworfen wurden. Wir haben den Glauben unseres heiligen Gregorius, schrieen die versammelten Väter, wir haben die drei ökumenischen Synoden, wir brauchen keine Neuerungen; der Kaiser Constantius (der Sohn und Nachfolger des Heraklius) möge uns bei unserem angestammten Glauben lassen, so wie dies die persischen Könige Kawad und Kosru gethan haben. Das äußerst nachdrückliche Schreiben, welches die versammelte armenische Geistlichkeit bei dieser Gelegenheit an den griechischen Hof erließ, hat uns der fleißige Tschamtschean (II, 351) mitgetheilt; nach drei Jahren wurden auf der Synode zu Manazgierd, einer sehr alten Stadt Armenien, unter dem Patriarchen Katholikos, Johannes Diehapahi die gegen die Griechen gefaßten Beschlüsse bestätigt und nochmals bekräftigt. Obgleich die armenische Kirche bereits in der ersten hälfte des achten Jahrhunderts (726) sich förmlich mit den syrischen Jacobiten vereinigt hatte, so siegte doch in der Folgezeit noch einigemal der Einfluß der griechischen Kaiser. Mochte der Patriarch Zacharias sein Kirche vertheidigen, wie er wollte, mochte er mehrmalen erklären: „Wir sind keine Anhänger des Jacobus Zanzalus, wir sind keine Anhänger des alexandrinischen Julianus noch des Gärbers Petrus oder des verdammten Eutyches, sondern Nachfolger der heiligen Lehren unseres Gregorius,“ – dies Alles half nichts, man wollte aus politischen Rücksichten eine Vereinigung, und wußte sie auch jetzt wiederum, wie auf der Synode zu Tschgragawan im Jahre 862, auf kurze Zeit zu Stande zu bringen.

Füglich können wir jetzt, da wir keine Geschichte der armenischen Kirch schreiben, sondern nur einen genauen quellengemäßen Bericht über deren Eigenthümlichkeiten geben wollten, mehrere Synoden übergehen, worin man sich theils mit innern kirchlichen Angelegenheiten, theils mit Beilegung der zwischen den schismatischen und unirten Armeniern entstandenen Streitigkeiten beschäftigte. Ebenso übergehen wir die 1037 nochmals beschlossene Vereinigung mit den syrischen Jacobiten, und wenden uns zu der großen Synode zu Hromgla (d. h. in der römischen Festung) im Jahre 1179. Von dieser äußerst zahlreichen Synode hätte man mit Recht dauernde Früchte für eine gänzliche Vereinigung hoffen können, da sich ihrer Nierses von Lampron, der Name einer berühmten Festung nördlich von Tarson), der Cicero Armeniens, mit außerordentlichem Eifer und Nachdruck angenommen hatte. Er hielt bei dieser Gelegenheit eine Rede, die als ein Meisterstück der armenischen Beredsamkeit gepriesen wird. Obgleich man in den erstern Sitzungen die Zustimmung zu den Beschlüssen von Chalcedon gegeben hatte, so wie zu andern, eine Aussöhnung mit der griechischen Kirch herbeiführenden Maaßregeln, erhob sich doch, sobald der Tod des Kaisers Manuel bekannt ward, große Zwiespalt in der Versammlung; viele Bischöfe, an deren Spitze der gelehrte Mönch Gregorius sich stellte, traten ab von den früher gefaßten Beschlüssen; ein großer Theil des Volkes hielt es mit ihnen, mehrere aber auch mit dem Patriarchen Gregorius, der mit Leib und Seele strebte, eine gänzliche Vereinigung zu Stande zu bringen.

(Schluß folgt.)


Der Türkenkrieg.


(Fortsetzung.)


Wie kommt es nun, könnte man fragen, daß bei der anerkannten Ueberlegenheit [2] der russischen Waffen die Resultate


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_428.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2023)
  1. Nach St. Martin’s Muthmaßung, Mem. sur l’Armenie I. 66 soll Karin bloß der armenische Name für Arzrun seyn, was ganz richtig ist, indem es in der Geographie Armeniens (Venedig 1806. S. 65) ausdrücklich heißt: J. Hnuinn Kavorn godscher Karin.
  2. Ob sich diese Ueberlegenheit selbst auf die Kosaken, den Spahi gegenüber, erstreckt, dürfte noch zweifelhaft seyn. In der Art der Bewaffnung haben sie zwar sehr große Aehnlichkeit mit einander, in den wüsten steppenähnlichen Gegenden haben die erstern wegen ihrer scharfen Sinne , womit sie zum Theil die Stelle der Karten ersetzen, vor den letztern vielleicht einen Vorzug; allein, was persönliche Tapferkeit, Schönheit und Geschwindigkeit der Pferde betrifft, so dürfen sich die Kosaken mit den Spahi keineswegs messen, und gewiß ist, dass sie sich vor keiner Reiterei so sehr fürchten, als vor dieser türkischen. Die Spahi, sagt Marsigli, führen acht bis zehen Schuh lange Lanzen, das heißt dreischneidige, einen Schuh lange und einen Zoll dicke Spitzen an Stangen, die nur einen Zoll dick und also leicht zu durchhauen sind, einen krummen Säbel, und ein, auch zwei Paar Pistolen. Einige haben sehr lange und breite Schwerter und Karabiner, andere Wurfspieße, Wurfpfeile, Streitäxte, Keulen u. dgl.; bei den Asiaten sieht man noch häufig Bogen und Pfeile. Besitzen aber die Spahi vielleicht nicht ganz die Wachsamkeit der Kosaken, so haben dafür die Türken ganze Heerden von Wachthunden, die ihnen treffliche Dienste leisten.