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Das Ausland. 1,2.1828


zu sehen. Als wir den Sunderbunds näher kamen, wurden sie zusehends freundlicher; die Wälder bekamen eine größere Abwechselung von Grün; mehrere rundgipflige Bäume und niedrige Palmen sah man unter ihnen, und ein frischer Pflanzenduft kam uns vom Ufer entgegen. Der Strom ist hier stark und sein Kampf mit der eindringenden Fluth des Meeres erhebt schwarze Wogen, die mich an den Höllenfluß erinnerten, an dem Dante den Geist Argenti’s traf. Ich betrachtete mit großem Interesse die ersten Cocospalmen, die ich sah: sie entsprachen aber meiner Erwartung nicht. Ihre Formen sind zwar äußerst anmuthig, ihr Grün aber ist schwärzlich, und gleicht den Trauerfedern, die man (in England) den Leichenzügen vorträgt. Ihre Erscheinung jedoch verkündete uns offeneres, wohnlicheres Land. Die Junglen treten vom Ufer zurück, und statt ihrer erscheinen grüne Gefilde gleich Wiesen, — Reisfelder, (wie man uns sagte) hin und wieder von kleinen Wäldchen mit rundgipfligen Bäumen, und von Dörfern unterbrochen, deren Häuser, mit Strohdächern, so niedrige Mauern hatten, daß sie bloßen Heuschobern glichen.“

Folgende Schilderung eines indischen Dorfes und eines Pachthofs ist ungemein anschaulich.

„Am Abend gingen wir wieder ans Ufer nach einem andern Dorfe. Die Häuser standen in einem Dickicht von Fruchtbäumen, Paradiesfeigen, und Gesträuch; die schlammigen Teiche waren mit breitblätterigem Lotus bedeckt, und die nahen Paddy oder Reisfelder durch einen Wald von hohen Cocosnußbäumen bekränzt, zwischen deren Stämmen die Lichtstrahlen durchdrangen. Hier bemerkte ich den Unterschied zwischen dem Cocosbaum und der Palmira; diese hat schmalere Blätter als jener, und war in dieser Jahreszeit noch ohne alle Früchte, während der Cocosbaum bereits voll stand. Für eine kleine Belohnung erkletterte einer der Jungen trotz dem gänzlichen Abgang von Aesten und der glatten Rinde einen der höchsten Bäume mit großer Behendigkeit. Ein alter Mann, unwahrscheinlich, um uns von seiner eignen Schwelle zu entfernen, erbot sich, uns ein sehr schönes Haus zu zeigen, in dem wir ausruhen könnten. Wir folgten ihm nach einer etwas größern Hütte, als wir bisher eine gesehen hatten. Bei unserm Eintritt in den kleinen Hofraum kamen die Bewohner, uns in allem Ernst ein weiteres Vorrücken zu versagen. Wir hatten jedoch Zeit, den Hof und die Hausstätte einer indischen Meierei genauer anzusehen. Vorn gegen das Dorf zu war ein kleines, schmutziges Gebäude mit einem Strohdach und hinten ein Hof mit Cocosschalen und wenigem Reisstroh gefüllt; in der Mitte erhob sich ein rings mit Stroh bedecktes Gebäude von Bambus, das Kornhaus oder Goliah, wie sie es nannten; rings herum waren kleine Lehmhütten, dem Anschein nach zum Wohnen eingerichtet. In einem Winkel stand eine kleine Mühle, mittelst welcher ein Mann den Reis von seiner Hülse befreien konnte. Nach allem, was wir durch die offenen Thüren sahen, bestand der Boden der Zimmer nur aus Lehm, und diese selbst entbehrten aller Möbeln, und hatten nur so viel Licht, als durch die Thür eindrang.’’

(Fortsetzung folgt.)


Das Land Walo.


(Schluß.)


Die bedeutendern Aemter und Würden sind nicht gerade nach bestimmten geregelten Gesetzen erblich, aber sie bieiben doch in der Familie, die sie einmal im Besitz hat. Jeder Häuptling trägt, wie einst bei uns, den Namen des ihm untergebenen Districts: man sagt Berti, Bekis wie man einst Herzog von Burgund oder von der Normandie sagte. Diese Häuptlinge treten einen Theil ihres Gebiets an Vasallen ab, die ihnen jährlich Güterzins entrichten; diese letzteren beziehen wieder Contributionen von den Vorstehern der Dörfer, welche ihrerseits sich an den Einwohnern schadlos halten. Auf diese Art läuft also eine Feudal- und Fiscalkette von dem König bis zu dem letzten Sclaven hinunter.

Dan kann zwei Arten von Dörfern unterscheiden; die kleinern sind Häuptlingen unterworfen, bei denen die nämliche Successionsordnung wie bei der Krone herrscht; die größeren, bevölkerteren, deren Zahl übrigens nicht so groß ist, bilden förmliche Gemeinden, und haben ihre bürgerlichen Beamten, denen die Messung und Schätzung der Ländereien, die Erhebung der Abgaben, so wie die Ausübung der Polizei und Justiz zusteht. Im einigen dieser Dörfer trifft man, an der Spitze dieses Gemeinderaths einen Marabut, der den Titel Serign (Priester) annimmt und demselben noch den Namen des Dorfes beifügt. In solchen Dörfern müssen die Einwohner gewöhnlich den Zehnten von ihren Ernten entrichten, und diese Abgabe, die man stets im Gefolge des Feudalwesens trifft, wird zwischen dem Priester und einem von dem Brak ernannten Chef getheilt; der letztere ist im Kriege Anführer der Mannschaft seines Dorfes und leitet die politischen Angelegenheiten.

Allgemeiner Grundsatz der Regierung ist, daß Land und Menschen dem Brak gehören, der darüber nach Willkühr verfügen kann. Dennoch haben die Großen und die Gemeinden Mittel und Macht, ihn in Schranken zu halten. Jedes Land hat seinen Herrn; und an diesen Besitz knüpft sich das Recht der Jurisdiction, Zoll- und Heimfallsrecht, so wie das Recht, Geldstrafen und Confiscationen zu verhängen, sind damit verbunden.

Die Criminalstrafen sind mild und selten. Der Dieb muß das Gestohlene zurückgeben, eine Geldstrafe erlegen, und erhält einen starken Verweis. Gewöhnlich werden jedoch blos Fremde bestohlen. Der Mörder kann zur Sklaverei verdammt werden, darf sich aber auch, wie in unsern alten Gesetzen, durch Geldbußen, die sich nach dem Rang des Ermordeten richten, loskaufen. Uebrigens fällt selten ein Mord vor, obgleich die Eingebornen


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_437.jpg&oldid=- (Version vom 20.2.2023)