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Das Ausland. 1,2.1828

Zweie waren weiße,
Sie waren den andern gleiche,

Das fünfte das war apfelgrau,
Und Steffen er ritt selber drauf.

Eh der Hahn noch hat gekräht,
Steffen schon im Stalle steht.

Eh noch steigt die Sonn’ herauf,
Legt er Zaum und Sattel auf.

Steffen reitet zur Quelle,
     Wir denken nun so gerne –
Er schöpft das Wasser so schnelle
     Schon vor dem hellen Sterne.
     Noch erscheinet nicht der Tag,
     Doch die Stern’ am Himmelsdach
     Die leuchten.


 6.
      Der Harfe Kraft.

Junggesell er geht und spielet im Freien
Und Jungfrau sie sitzet im Zimmer und weinet:
     Du Herzgeliebte mein,
     Sage, warum du trauerst!

Bist du traurig um den Sattel, bist du traurig um’s Pferd?
Oder daß ich dich habe zur Braut begehrt?
     Du Herzgeliebte mein etc. [1]

Um den Sattel nich traur’ ich, auch nicht um das Pferd,
Auch nicht, daß zur Braut du mich hast begehrt.

Bist traurig du, daß der Sattel ist hart,
Oder traurig, daß weit hingehet die Fahrt?

Nicht bin traurig ich, daß der Sattel ist hart,
Nicht traurig, daß weit hingehet die Fahrt.

Bist du traurig um Vater oder Mütterlein,
Oder traurig um Bruder und Schwesterlein?

Bin nicht traurig um Vater und Mütterlein,
Oder traurig um Bruder und Schwesterlein.

Um mein Goldhaar schön bin ich trauervoll,
Das im Warnamo liegen und fließen soll.

Als ich Kind noch war, schon die Seherin sprach,
Daß ertrinken ich sollt’ am Hochzeitstag.

Ich will dir erbauen eine Brücke so stark,
Und sollt’ es auch kosten zwölftausend Mark.

Zwölf Ritter sollen wohl vor dir reiten,
Und zwölf der Ritter auf jeglicher Seiten.

Und wie sie kamen auf die Brücke nun,
Da stolperte das Roß auf den goldenen Schuh’n,

Auf den Goldschuh’n und über die Troddeln viel,
In den reißenden Strom nun die Jungfrau fiel.

Der Junggesell er sprach zu dem Knappen klein:
Geh hole mir schnell die Goldharfe mein.

Wie den ersten Griff auf der Harf’ er macht,
Da sitzt der Reck auf dem Wasser und lacht.

Wie den zweiten Griff auf der Harf er wagt,
Sitzt der Reck auf dem Wasser und weint und klagt.

Höre, Junggesell, o spiele nicht so hart,
Sollst wieder ja haben dein Bräutlein zart.

Sollst wieder ja haben dein Bräutlein roth,
Sollst ja wieder es haben, es ist nicht todt.

  1. Durch alle Strophen.
(Fortsetzung folgt.)


Die Malaien.

Eine sonderbare Gewohnheit, die den Malaien eigenthümlich ist, obgleich sie an mehrere seit uralten Zeit im ganzen Orient verbreitete Sitten erinnert, ist ihre Abneigung ihren eigenen Namen, oder den ihrer Eltern zu nennen, auch dann wenn sie ausdrücklich nach demselben gefragt werden, es sey im Privatleben oder selbst vor Gericht. Nachdem ich schon öfters von dieser Abneigung und Scham der Eingebornen gehört hatte, erzählt der Oberst Nahuijs in seinen Briefen over Bencoolen (S. 107.) wollte ich mich durch eigene Erfahrung überzeugen, was daran wäre, und ich fand, daß das mir hierüber Mitgetheilte in der That seinen vollen Grund hatte. So fing ich eines Tages mit einem Malaiischen Kaufmann, den ich mehrere Male im Comptoir des Herrn v. d. V. getroffen hatte, als ich ihn vor seiner Hausthür stehen fand, ein freundschaftliches Gespräch an, worin ich ihm zu erkennen gab, daß ich bis auf diese Stunde seinen Namen noch nicht wüßte, obwohl ich ihn schon so oft gesehen habe, und daher wünschte, denselben von ihm zu hören. „O meinen Namen,“ antwortete er stammelnd und verlegen, „den weiß Herr v. d. V. schon lange; denn ich bin ein sehr alter Freund und Bekannter von ihm.“ Und so würde mein guter Malaie noch lange fortgefahren haben, um mich von meiner Frage abzuleiten; doch gelang ihm dieß nicht, indem ich ihn unterbrach, daß es mir sehr angenehm sey, diesen Umstand von ihm zu vernehmen, daß ich dadurch aber über seinen Namen noch keine Aufklärung erhielte und daß ich ihn daher bitte, mich denselben wissen zu lassen. Ganz aus dem Felde geschlagen, schlüpfte er jetzt, da er keine Ausflucht mehr wußte, in sein Haus und sandte mir einen seiner Diener oder Angehörigen zu, der mir denn seinen Namen mittheilte.

Auch in Europa galt es zur Zeit der Kreuzzüge und früher dem Ritter für eine Schmach, wenn er seinen Namen nennen mußte; und wir finden daher häufig Stellen in den Heldengedichten des Mittelalters, die sich auf diesen Gebrauch beziehen. Erst niedergekämpft, gab der überwundene Ritter seinen Namen als Preis für sein Leben, wenn er nicht dieses, sieglos, verschmähte. <poem> Also sprach da Heime: Nun sagt mir euern Namen, Werther Ritter edel, deß dürft ihr euch nicht schamen; Sinnt ich euch an dem Schilde und Wappen nicht erkennen kann. Seyd ihr es von Berne, Herren Dietrichs Mann? Da sprach Alphart der junge: Es wär’ nicht gut gethan, Daß dazu mich bezänge ein einziger Mann, Daß ich ihm sagte Mähre, zurechte meinen Namen, Wer mein Geschlecht wäre; deß müßt ich mich immer schamen.[1]

  1. Alpharts Tod Str. 263–4.


Chinesischer Roman.

Hau-Kiou Choaan, ou l’Union bien assortie, roman chinois. Paris, 1828, 4vol. 12. Der neue Abdruck dieser Uebersetzung von Hau-Kiou-Choaan, die ursprünglich zu Lyon 1766 erschien, ist ohne Zweifel nur eine buchhändlerische Speculation, die durch den glücklichen Erfolg des im verflossenen Jahre von Abel-Remusat herausgegebenen chinesischen Romans Ju-Kiao-li veranlaßt wurde. Die französische Uebersetzung ist nur eine Uebertragung aus der englischen, London bei Dodsley 1761 (4vol. 8); und man findet darin dieselben Sittengemälde wie in Ju-Kiao-li, aber weniger lebendig und origenell und daher bei weitem weniger anziehend.


Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_450.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)