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Das Ausland. 1,2.1828

welche nothwendig erfolgen muß. In andern Theilen der Republik wurden unsre Landsleute gut aufgenommen.“ –

„Das Kloster unsrer lieben Frau von Guadalupe ist eine der achtbarsten Anstalten Mexicos. – Dieß Kloster liegt am Fuß der Gebirge, ungefähr eine Stunde östlich von Zacatecas, und ist von einem Dörfchen umgeben, das an dem heiligen Orte erbaut worden ist. Die Lage des Klosters ist sehr anmuthig und wird noch durch ein paar Dutzend Bäume verschönert. Die Väter empfingen uns sehr freundlich; und wir verdankten der zuvorkommenden Verbindlichkeit des Padre Guardian und des Padre Maldon (Macdonald, eines Irländers) einen sehr vergnügten Abend, wurden mit einem guten Nachtessen regalirt und bekamen, jeder, eine eigene Zelle nebst einem reinlichen Bett. Morgens früh machten wir die Runde in dem Kloster und besuchten vor allem die Bibliothek, die hauptsächlich aus religiösen Werken, in Pergament, besteht, und sich auf 11,000 Bände beläuft. Keines ist der Typen oder des Alters wegen bemerkenswerth; und ich fragte umsonst nach mexicanischen Handschriften, oder sonstigen Antiquitäten, die sie (die Klosterbrüder sind alle Missionäre) auf ihren Wanderungen nach den entferntern Distrikten und zu den Volksstämmern in Neuspanien meiner Erwartung nach gesammelt haben konnten. – Nichts war erquicklicher für das Auge, als der Anblick der ausdgedehnten, dicht mit Apfel-, Feigen- und Quittenbäumen besetzten Gärten. Auch einige Weinstöcke, Granat- und Pfirsichbäume nebst Aprikosen fanden sich. Große Rosenhecken überschatteten an manchen Stellen die Gänge und verbreiteten einen lieblichen Geruch – alles war in gutem Stand erhalten – eine wahre Oase in der Wüste Zacatecas. Wir waren allesammt über unsern Besuch vergnügt, was den Vätern sehr gefiel. Sie unterhalten eines der Bergwerke, woher sie den Haupttheil ihres sehr unzuverläßigen Einkommens beziehen. Der übrige Theil ihrer Einkünfte besteht in den Gebühren für Beichten und Messen, und dem, was sie nach der Regel ihres Ordens von den Hüttenbewohnern erbetteln.“

„Die armen Brüder von Guadalupe leben sehr kümmerlich, arm und dürftig, wie es ihr Gelübde vorschreibt, und sollten, mein’ ich, nicht mit dem Schwarm von Drohnen, die in üppigem Müßiggang sich von dem Markte Mexicos mästen, in Eine Kategorie gesetzt werden. Ihr ganzes Leben ist freiwilligen Leiden geweiht. Sie besitzen kein persönliches Eigenthum, als eine grobwollene, graufarbige Kutte, die nicht bälder gewechselt wird, als bis sie in Fetzen zerfällt; wo sie dann, im vollen Geruche der Heiligkeit, irgend ein Frömmler um zwanzig bis dreißig Dollars zum Leichenkleid erkauft, um sich in diesem heiligen Gewande in den Himmel einzuschwärzen. Sie tragen keine Hemden, keine Strümpfe, noch andere Kleidungsstücke; in ein paar Sandalen durchpilgern sie die hohen kalten Gebirge der nördlichen Staaten, ohne eine dem Klima angemessene Kleidung anzulegen, obgleich dieß nach der Regel ihres Ordens gestattet wäre. Das Colegio de Guadalupe wurde ausdrücklich zur Bildung von Missionären gegründet, „para conquistar“ zur Bekehrung der Indianer von Texas, Kalifornien, so wie überhaupt der barbarischen Stämme des Nordens; und etwa ein Drittheil der Brüder dieser Stiftung ist beständig in diesen frommen Sendungen abwesend. Unzählige dieser armen Leute sind schon auf ihren mühsamen Wanderungen aus gänzlichem Mangel umgekommen, da sie ohne Geld, ja selbst ohne ein Thier, auf das sie sich setzen könnten, ausgesandt wurden, und zur Fristung ihres Lebens von fremder Barmherzigkeit abhingen. Manche wurden von den wilden Indianern barbarischer Weise geopfert; und doch werden diese Missionen unausgesetzt und nicht ohne Erfolg unterhalten. In den entferntesten, unwirthlichsten Theilen der nördlichen Staaten findet man Gemeinden von etlichen tausend Indianern, die unter der Aufsicht eines oder mehrerer von diesen armen Brüdern stehen.“

Capitän Lyon besuchte die Ruinen einer, wie er vermuthet, ehmaligen indianischen Stadt, ungefähr 14 Stunden südlich von Zacatecas. Die Trümmer sind ausgedehnt, aber größtentheils verschüttet. Lyon ist der Meinung, daß an dieser Stelle die alte Hauptstadt der Checmecas, Amaquemacan gelegen sey, von der Clavigero keine Spur mehr finden will. Die Mauern und die Ruinen von Pyramiden, die hier immer noch zu sehen sind, beweisen, daß die Indianer, die sie aufgeführt, einen bedeutenden Grad von architektonischer Bildung erreicht hatten.

„Die Kirche zu San Vicente ist ein langes, scheuerartiges Gebäude aus Lehm, nicht einmal übertüncht; sie war aber mit wenigstens hundert der scheußlichsten Figuren angefüllt, die ich jemals gesehen, alle in schreienden Farben gemalt, an Größe sehr verschieden, indem sie von der Höhe einer kleinen Puppe bis zu halber Manneshöhe stiegen. Die Figur unseres Erlösers, mit einer großen braunen Perücke, war auf ein Kinderpferd gesetzt, mit ausgespreizten Beinen; der Kopf und der Hals aus einem flachen Brett geschnitten, und dieß war noch nicht die schlechteste Figur, die ich sah. – Doch ich verweile nicht bei diesen widrigen Bildern, denen mein Auge begegnete. Hätten des Landes unkundige Fremde die Kirche betreten, so würden sie die Verehrer dieser Heilightümer unbedenklich für Götzendiener gehalten haben. Ich kann nur so viel sagen, daß ich bisher kein Original oder Gemälde der mexicanischen Gottheiten aus den Zeiten der Eroberung gesehen habe, das abscheulicher und geschmackloser wäre als die Idole der römischen Kirche zu San Vicente.“

(Fortsetzung folgt.)

Das neue brittische Colonisationssystem.


(Fortsetzung.)

Bekanntlich hat das Parlament das Recht, gegen Bezahlung einer angemessenen Entschädigung, jeden vor sich zu fordern, dessen Angaben im Stande sind, über einen


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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_457.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2023)