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Das Ausland. 1,2.1828

Rieti anheimgegeben wäre. Dieser Handel fängt an, für Rom sehr bedeutend zu werden.

Der Wechselhandel hat durch das alljährige Einkehren der Fremden seinen eigenthümlichen Gang, weil in dieser Zeit natürlich die nordischen Papiere sich auf einmal anhäufen. Die Börse ist nicht öffentlich. Nur einige öffentlich anerkannte Bankiers dürfen darauf erscheinen. Es besteht eine Depositobank, die dem Hospital S. Spirito gehört; eine Discontobank, welche hier vor drei Jahren errichtet wurde, hatte das erste Bankhaus gegen sich, und macht schwache Geschäfte.

In Staatspapieren wird wenig gethan. Die römischen sind beinahe ganz in unbeweglichen Händen, in fremden wird nicht stark speculirt.

Es fehlt der römischen Handelsgesetzgebung an Stätigkeit und Klarheit, den Kaufleuten an Kredit und Kaufmannsgeist – wer es vermag, läßt sich adeln, und fängt an, auf großem Fuß zu leben, läßt den Handel in fremden Händen – dem Volke, um sich das Leben bequemer zu machen, an Arbeitsamkeit, der Umgegend an Landstraßen, und dem Tiber selbst an einer sicheren Fahrbahn. Ein Dampfboot zum Bugsiren der Schiffe soll demnächst das Büffelfuhrwerk ersetzen.



Der Krieg zwischen Persien und Rußland.[1]


Es ist eine in der neuern Geschichte zu häufig wiederkehrende Erscheinung, daß Unbestimmtheit einzelner Ausdrücke bei Friedensschlüssen die Veranlassung oder den Vorwand zu neuen Feindseligkeiten gegeben hat, als daß es uns befremden könnte, wenn wir die erste Ursache zu dem kürzlich beendigten Kriege zwischen Persien und Rußland in dem letzten Friedenstractate zwischen diesen beiden Mächten sehen.

Der Tractat von Gulistan, welcher im October 1813 unter Vermittelung des brittischen Gesandten am persischen Hofe (Sir Gore Ousely) abgeschlossen wurde, bestimmte die Grenzen, welche die respectiven Reiche künftig trennen sollten – nach dem status quo ad praesentem – auf folgende Weise: „Die Grenzlinie fängt an von der Ebene von Adinah Bazar und geht gerade durch die Wüste von Mogham westlich von Yedibolak am Fluß Arras oder Araxes und dann längs des nördlichen Ufers dieses Flusses bis zu seiner Vereinigung mit dem Capanek hinter dem Berge von Mogri. Von dem rechten Ufer dieses Flusses an sind die Grenzen von Karabagh und Nukschiwan bezeichnet durch eine Linie, die über die Gipfel der Berge von Pembek und Aligus geht. Von dem Gipfel des Pembek-Gebirges geht diese Linie weiter bis zu dem Winkel der Grenzen von Schuragil, dann über die Schneeberge und durch Aked längs der Grenzen von Schuragil und unter dem Dorfe Misteri hin, bis sie den Fluß Arpatschai erreicht.“

Eine Grenzlinie, die auf diese Weise beschrieben und weder durch natürliche Schranken, noch durch Städte oder Festungen bezeichnet wird, muß offenbar äußerst ungenau und ungewiß seyn; ein weiter Landstrich, von räuberischen Horden, Kurden und Illyaten bewohnt, lag zwischen beiden Reichen, auf dessen Oberherrschaft beide nach dem Tractate gleiches Recht zu haben meinten. Bald nach dem Abschluß desselben begannen daher Unterhandlungen in dieser Beziehung zwischen der russischen und der persischen Regierung, und die letztere hoffte, daß Rußland durch die freundschaftliche Fürsprache von Großbritannien vermocht werden würde, von den harten Bedingungen, die Persien auferlegt worden waren, etwas nachzulassen und einen Theil des eroberten und durch den Frieden gewonnenen Gebietes wieder herauszugeben.

Aber weder die Bitten des persischen, noch die Verwendungen des englischen Gesandten am Hofe zu St. Petersburg hatten den gewünschten Erfolg; das russische Cabinet übertrug die Entscheidung der Sache dem General Yermolov, Generalgouverneur von Georgien, der natürlich nicht geneigt war, seine eigenen Eroberungen durch freiwillige Abtretungen zu schmälern. Als die Commission zur nähern Bestimmung der Grenze ernannt wurde, ergab sich eine so große Verschiedenheit zwischen den Ansichten der beiden Parteien, daß leicht voraus zusehen war, welchen Ausgang die Verhandlungen nehmen würden. Die russische Commission, aus den Generalen Paulowitsch und Yermolov dem jüngern bestehend, setzte – ohne auf die Vorstellungen Persiens zu hören, die Grenzlinie einseitig fest, und stellte militärische Posten an derselben auf, durch welche unter andern die Districte von Gukscha (auf dem nördlichen und nordöstlichen Ufer des Sees Gukscha) und von Capan (auf der Grenze von Karabagh, zwischen den Flüssen Capan und Mogri) in Besitz genommen wurden, von denen der erstere später von General Yermolov selbst als persisches Eigenthum anerkannt wurde, und der letztere nur durch offenbare Sophismen von den Russen in Anspruch genommen werden konnte, indem sie den Capan Tschai, der nach der Behauptung der Perser die Grenze bilden sollte, für verschieden von dem im Tractate nannten „Capanek“ erklärten und einen andern Fluß in der Nähe von Mogri, daher Mogri Tschai genannt, völlig willkürlich mit dem Namen „Capanek“ belegten.

Unter diesen Umständen fanden mehrfache Unterhandlungen zwischen dem Hofe von Tauris [2] und dem Generalgouverneur von Georgien statt; wobei das Mißvergnügen und der Unwillen der Perser auf das Aeußerste gereizt wurde, indem Rußland sie allen Stolz der Ueberlegenheit empfinden ließ, und bei jeder Gelegenheit die Begierde verrieth, seine Grenzen bis an den Araxes auszudehnen. Einem Vorschlag zur Ausgleichung, den der russische Chargé d’Affaires Mazarowitsch dem Prinzen Abbas Mirza vorgelegt hatte, verweigerte General Yermolov die Ratification; einen andern, den dieser dem


  1. Größtentheils aus englischen Quellen; bei der ersten Hälfte liegt ein Aufsatz aus Alexander’s Travels from India to England (London 1827. 4) zum Grunde.
  2. Der Kronprinz von Persien Abbas Mirza hatte in Tauris, wie der Schah selbst in Teheran sein Hofhaltung.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_506.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2023)