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Das Ausland. 1,2.1828

keinen Schlaf kennen; und laß sie marschiren, wohin sie Lust haben, so will ich sie mit einer Wüste umgeben!“[1]

Ohne Zweifel theilte der Schah die Ansicht seines Vaters; doch war sein Zorn gegen den Prinzen, der dieselbe vergessen hatte, nicht von Dauer, vielmehr lud er ihn bald zu sich in sein Hoflager ein. Abbas Mirza antwortete, er sey zu beschämt, um sich unter den Augen seines Vaters und seiner Brüder zu zeigen. Nach einigem Zögern wagte er es jedoch, seinen Vater zu besuchen; und seine Annäherung wurde unerwartet im Lager gemeldet. Major Willock ward von dem brittischen Gesandten abgeschickt, ihm entgegen zu gehen, und ihn zu trösten. Der Prinz hatte völlig den Muth verloren; er bekannte, daß es die äußerste Thorheit gewesen sey, eine wohl versehene und disciplinirte Armee im offenen Felde anzugreifen, und erklärte, nach den Nachrichten, die er erhalten habe, würde es ihm, ohne jene Unklugheit, leicht gewesen seyn, die Russen aus ganz Georgien zu vertreiben. Als er bei den Linien der Dschanbas-Infanterie vorüber kam, wurden laute Zeichen des Mißvergnügens und selbst Schmähungen gehört, die das Gefühl des Prinzen auf das Tiefste verletzten. Der Schah empfing ihn indessen mit Wohlwollen, und suchte seinen Muth wieder aufzurichten, während die Gouverneurs der verschiedenen Provinzen sogleich abgesandt wurden, um ihre Truppen wieder zusammen zu bringen.

Auch der Sirdar von Eriwan hatte bei seinem Vorrücken eine kleine Lehre von den Russen empfangen; und da er überdieß eine Correspondenz zwischen den Armeniern von Jutsch-Kalisssa und denen in Georgien auffing, welche die mißvergnügte Stimmung der ersteren verrieth, so zog er sich zurück, besetzte die drei Kirchen (das Kloster Etschmiazin, den Hauptsitz des armenischen Cultus) und sandte die Priester nach Eriwan.

Da General Mududoff mit seinem Corps eine Bewegung gegen Eriwan machte, so brach der Schah sein Lager ab, und zog sich nach Tauris; hier weigerte er sich sogar, in der Stadt zu schlafen, und blieb einige Tage außerhalb derselben in einem Gartenhause des Prinzen. Endlich schlug er sein Lager 20 engl. Meilen von Tauris in der Richtung von Merand auf und im Anfang des Octobers kehrte er nach Teheran zurück.

Abbas Mirza, der indessen eine andere Armee zusammengezogen hatte, hielt die Linie des Araxes besetzt, von wo aus seine Truppen zuweilen Raubzüge in Georgien unternahmen. Diese wurden von den Russen durch verheerende Einfälle in dem Khanat Eriwan erwiedert, doch fiel von beiden Seiten nichts von einiger Bedeutung vor, da die Jahreszeit bereits zu weit vorgerückt war, um größere strategische Operationen zu gestatten. In der Provinz Aserbidschan, welche jetzt der Standpunct der persischen Armee war, fängt der Winter oft bereits im October an und es ist nicht selten, daß gegen das Ende dieses Monats das ganze Land mit Schnee bedekt ist.[2]

Da Rußland am Ende dieses Feldzuges, der unter so vortheilhaften[WS 1] Umständen für Persien begonnen hatte, sich bereits wieder im Besitz aller seiner verlorenen Provinzen diesseits des Kur und Arras befand, so waren die Folgen, von denen jede weitere Verlängerung des Kampfes begleitet seyn mußten, leicht vorauszusehen. Der Eintritt des Winters hatte indessen einen Stillstand in den Operationen der Armeen herbeigeführt, den der Schah benutzen konnte, die Differenzen mit seinem überlegenen Gegner auszugleichen. Der brittische Gesandte, der alles aufbot, den Schah über seine wahren Interessen zu belehren, vermochte ihn endlich, einen seiner Großen, Mirza Mahommed Ali, nach Tiflis zu senden, um dem russischen Gouvernement die Bereitwilligkeit des Schah anzuzeigen, die freundschaftlichen Verhältnisse, die so lange zwischen beiden Reichen bestanden hatten, wiederherzustellen. Zugleich wurden zwei oder dreihundert russische Gefangene in Freiheit gesetzt, um dem Gesandten als ein Geschenk für den Kaiser – zum Beweise der Aufrichtigkeit der friedlichen Gesinnungen des Schah – nach Tiflis zu folgen.

Der Gesandte verließ Teheran im December; bei seiner Ankunft in der Nähe von Tauris wurde er jedoch durch die Nachricht, daß eine russische Armee in das persische Gebiet gefallen sey, einige Zeit zurückgehalten.

(Fortsetzung folgt.)


Die schwarze Hochzeit in Nieder-Poitou.

Die Marschen von Nieder-Poitou sind jährlichen Ueberschwemmungen ausgesetzt, und vom Herbst bis zum Frühjahr können die Einwohner ihre Häuser nur in schmalen flachen Boten verlassen, die durch den leichtesten Windstoß umgestürzt werden müssen. Das Holz ist in diesen Gegenden äußerst selten, und da es schwer oder oft unmöglich ist, dasselbe zu erhalten, so bedienen sich die Einwohner statt seiner zur Heizung wie zum Kochen des getrockenten Düngers von ihren Heerden. Während des Sommers wird der Dünger auf den Waiden gesammelt und in der Nähe ihrer Häuser aufgehäuft, bis er durch ein sehr einfaches Verfahren in Brennmaterial verwandelt wird. Dieß geschieht um die Zeit des Johannistages und ist mit einem Fest begleitet, welches die schwarze Hochzeit (le mariage noir) genannt wird. Mehrere Haushaltungen – Männer, Weiber, Kinder, Herren, Knechte und Mägde – vereinigen sich zu demselben; sie besprengen den Dünger mit Wasser, schneiden Stroh und vermischen es mit dem Dünger und lassen ihn von Ochsen, die darübergetrieben werden, festtreten. Darauf bilden sie Kuchen daraus und stellen ihn so an ihren Häusern und auf den Feldern auf, um ihn zu trocknen. Nachdem dieß geschehen ist, wird er in Schobern aufbewahrt und dann gleich dem Torfe verbrannt, dessen Stelle er vollkommen vertritt. Lange Erfahrung hat die Weiber gelehrt, dieß sonderbare Brennmaterial so geschickt zu behandeln, daß es mit einem klein wenig Reisig und Stroh ein schönes helles Feuer gibt, ohne den Rauch oder übeln Geruch, den man erwarten sollte. Die Tage, an denen der Dünger so bereitet wird, sind Festtage durch das ganze Land. Die Arbeit, die mit Lust und Munterkeit verrichtet wird, dauert bis in den späten Abend, dann folgt Gesang und Tanz, und die Beschwerden des Tages werden durch reichliche Züge Weins hinuntergespühlt. Der Name, den diese ländlichen Feste führen, bezieht sich wahrscheinlich theils auf die Beschäftigung, die denselben vorausgeht, und bei der man sich seiner schmutzigsten und schlechtesten Kleider bedient, theils auf die nächtliche Stunde, in der die Lustbarkeiten ihren Anfang nehmen.

Literary Gazette

  1. Malcolm history of Persia Vol. II pag. 297.
  2. Malcolm II. p. 295.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: vertheilhaften
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_526.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2023)