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Das Ausland. 1,2.1828

zu erzwingen; wurde indeß durch das Feuer der persischen Truppen, die auf dem jenseitigen Ufer aufgestellt waren, gezwungen diese Absicht aufzugeben und sich zurück zu ziehen.

General Benkendorf hatte, so wie er bei den drei Kirchen angekommen war, das Kloster befestigt, und setzte, nachdem er sein Magazine und Hospitäler in demselben eingerichtet hatte, am 5 Mai seine Bewegung gegen Eriwan fort. Am folgenden Tage nahm er nach einigen leichten Gefechten mit der persischen Reiterei unter Hassan Khan eine Stellung vor dem Fort ein, und in den beiden nächsten Tagen eröffnete er die Laufgräben vor demselben. Einige Bomben, die in das Fort geworfen wurden, thaten keinen Schaden. Indessen hörte Hassan Khan nicht auf, mit seiner leichten Reiterei das russische Lager in Unruhe zu erhalten, versuchte dessen Verbindungen abzuschneiden, und die Convoys aufzufangen, die für dasselbe bestimmt waren. Aber von einem russischen Detaschement angegriffen und geschlagen, sah er sich gezwungen, sich über den Arras zurückzuziehen. Die Belagerung von Eriwan wurde darauf ununterbrochen fortgesetzt, ohne daß jedoch besondere Fortschritte bei derselben gemacht worden wären.

Im Anfang des Juni ging eine Abtheilung des Belagerungscorps über den Arras und griff Hassan Khan an, der eine Stellung auf den Höhen, zwischen diesem Flusse und dem Fuße des Ararat eingenommen hatte. Die russische Cavallerie, ihre Lanciers an der Spitze, versuchte vergebens die Perser zu werfen, die sie vielmehr ihrer Seits in die Flanke nahmen, den Abhang, den sie sich hinaufgewagt hatte, hinabtrieben und bis unter die Kanonen des Infanteriecorps verfolgten, das als Reserve aufgestellt war. Die Russen verloren in diesem Gefecht eine bedeutende Anzahl Menschen und zogen sich in ihr Lager vor Eriwan zurück, ohne ihren Angriff zu wiederholen.

Als der Schah vernahm, daß die russischen Truppen die Grenze überschritten hatten, traf er Vorbereitungen, um von Teheran aufzubrechen und bestimmte zum Sammelort der Truppen, die ihn begleiten sollten, Sultania.[1] Aber der Mangel an Lebensmitteln in den Districten zwischen Teheran und Tauris und eine ungewöhnliche Verspätung der Vegetation, wodurch das Futter selten wurde, machte es schwer, eine bedeutende Masse Menschen zusammen zu bringen. Die Organisation der Armee erlitt dadurch eine große Verzögerung, und es war nicht früher als am 20 Juni, daß der Schah in Uschan ankam, einer ausgedehnten Wiesenfläche, ungefähr 35 engl. Meilen von Tauris. Abbas Mirza, der ein auserlesenes Corps von seinen besten Truppen gesammelt hatte, war mit demselben einige Tage früher gegen den obern Lauf des Arras marschirt, und war jetzt zu Tschurs, einem Ort zwischen Khoi und Abbas-abad gelagert.

In den letzten Tagen des Juni setzte der Schah sich gleichfalls von Uschan gegen Khoi in Bewegung, in der Absicht, einen Versuch zum Entsatz von Eriwan zu machen. Er hatte indessen erst einige Märsche zurückgelegt, als am 6 Juli die Nachricht kam, daß General Paskewitsch, der von Tiflis angekommen war, sich selbst an die Spitze der russischen Armee gestellt, nachdem er einige Stunden lang aus allen Batterien ein heftiges Feuer gegen die Festung unterhalten, plötzlich die Belagerung aufgehoben, und sich, indem er Eriwan hinter sich zurückließ, gegen Nakhschiwan gewandt habe. Ehe der Schah noch Khoi erreichte, hatte der russische General bereits angefangen, Abbas-abad zu berennen; und als der Erbprinz in dem Lager des Schah erschien, um sich gemeinschaftlich mit demselben über die Maßregeln zur Eröffnung des Feldzuges zu berathen, war die Rettung der bedrohten Veste der erste Gegenstand, auf welchen sie ihre Anstrengungen richten mußten.

Der Gouverneur von Kaswien, Ali Nucki Mirza, war am 18 Juli von dem königlichen Lager mit ungefähr 12,000 Mann abgesandt worden, um die Armee des Abbas Mirza zu Schurs zu verstärken. Wenige Tage darauf folgte der Assuf ed Daulah mit einer bedeutenden Abtheilung auserlesener Truppen. Auch Hassan Khan, der beständig wachsam den Bewegungen der Russen gefolgt war, seit sie die Belagerung von Eriwan aufgehoben hatten, ging jetzt über den Arras und vereinigte sich mit dem Prinzen und dem Premier-Minister. Die persische Macht, die sich auf diese Weise concentrirt hatte, belief sich auf 25,000 Mann, und es wurde beschlossen, den Russen eine Schlacht anzubieten. Die Armee rückte bis an den Arras vor, Abbas-abad, das auf dem linken Ufer desselben liegt, unmittelbar gegenüber. Hassan Khan verlor keine Zeit, eine Abtheilung russischer Reiterei, die auf dem rechten Ufer stand, anzugreifen, und trieb sie über den Fluß in ihr Lager zurück, das sich unfern der Festung, nur etwas weiter aufwärts, an dem Strom befand.

Da der russische General sah, daß sich in den Thälern


  1. Sultania ist in einer angenehmen und fruchtbaren Ebene gelegen, auf welcher der Schah gewöhnlich während der Sommermonate sein Hoflager aufschlägt, um das heiße und ungesunde Klima von Teheran zu vermeiden. Diese Stadt, siebenzig englische Meilen von Kaswien und hundert von Meana (ungefähr noch einmal so viel von Teheran) gelegen, war die Hauptstadt der Nachfolger von Hulaku (der mongolischen Beherrscher von Persien im 13 und 14ten Jahrhundert), ist jetzt aber völlig verlassen. Da sie ganz von Baksteinen gebaut war, so sind wenige Spuren ihrer früheren Größe übrig geblieben. Nur etwa zwanzig arme Familien leben in elenden Hütten rings um das Mausoleum des Sultans Khodabunda, des Stifters der Stadt (st. 1316), welches noch größtentheils erhalten ist. Dieß ist ein großes herrliches Gebäude mit einer Kuppel, deren Höhe Macdonald Kinneir auf neunzig, Malcolm auf 120 Fuß angibt. Der Diameter beträgt mehr als 100 Fuß. Das Grabmal liegt in der Mitte, und von dem Marmor, aus welchem es gebaut war, sind noch Reste vorhanden. S. Malcolm, history of Persia. T. 1 p. 442. Macdonald Kinneir’s Geographical Memoir of the Persian Empire (Lond. 1813. 4) p. 122
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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 510. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_532.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2023)