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Das Ausland. 1,2.1828

Das Ausland.
Ein Tagblatt
für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker,
mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland.

Num. 129. 8 May 1828.

Englische Niederlassung auf Fernando Po.[1]


Maidstone Bay, Fernand Po, den 17 Nov. 1827.

Wir kamen am Sonnabend des 27 Octobers vor der Insel an und gingen in der Maidstone Bay (von Commodore Bullen so benannt) vor Anker. Als wir uns der Insel näherten, wurden wir durch die lieblichste Scenerie um uns her aufs angenehmste überrascht. Wir lagen kaum vor Anker, als Lieutenant Woodman, der Agent unseres Transportschiffes Diadem, in seinem Bote zu uns an Bord kam; ihm folgten vier Kanoes mit Eingebornen, welche schon früher Tauschhandel mit Europäern getrieben hatten. Sie näherten sich jedoch mit großer Aengstlichkeit und legten während ihres Verkehrs mit uns große Furchtsamkeit an den Tag. Trotz alles Zuredens ließen sie sich nicht bewegen zu uns an Bord zu kommen; sie wiesen auf ihren Fetisch und bedeuteten, daß[WS 1] es ihnen verboten sey. Gerne tauschten sie von uns Eisen ein, und gaben uns dafür Yams (Brodfrüchte) und ein paar Angelschnüre, aus Gras oder den Fasern des Palmbaums gedreht. Das Eisen wurde, wie wir nachher fanden, zu zweischneidigen Messern verarbeitet, diese mit einem kurzen hölzernen Hefte versehen und an dem linken Armband, dicht unter der Schulter getragen. Die Eingebornen sind hübsche Männer von mittlerer Größe und angenehmen Gesichtszügen; ihre Körper sind mit einer Schminke von rothem Ocker[WS 2] und Palmöl bemalt. Wenige bedienen sich der gelben Farbe. Die Kanoes waren 15–30 Fuß lang, von denen die größeren zwölf Personen faßten. Der Knall der Flinten schien die Eingebornen in große Bestürzung zu setzen; sie brachen sogleich auf, verabschiedeten sich für heute Nacht und fuhren ab. Ihre Segel bestehen aus einer Art englischer Matten, oder Rattinstücken, die der Länge nach herabhängen. Bei vielen steht auf dem Bug ein Spieß mit Federn auf der Spitze.

Den 28 Octob. Diesen Morgen regnete es heftig bis gegen 10 Uhr; demungeachtet erschienen eine Menge Kanoes und brachten, außer ihren Yams und Angelschnüren, Vögel, Palmwein in Kalabaschen,[2] einige Felle von Affen und Schlangen, so wie auch hübsch geflochtene runde Büchsen aus Rohrstreifen u. s. w. Sie näherten sich heute bereits vertrauungsvoller; einige kamen sogar zu uns an Bord, jedoch nicht ohne sichtbare Zeichen von Furcht. Kapitän Harrison führte einen Knaben von etwa 12 Jahren in dem Schiff umher und ließ ihn mehrere Artikel sehen. Ein Spiegel und das Schellen einer Glocke versetzte ihn in das größte Erstaunen.

Mondtag den 29ten. Die Kanoes besuchten uns heute in einer größeren Anzahl als gestern, und die Eingebornen schienen mehr Zutrauen zu gewinnen, so daß sie uns lästig wurden und nur mit Mühe von den Schiffen abgehalten werden konnten. Um sieben Uhr Morgens verließen wir unsern Ankerplatz in Bullen’s Cove und fuhren nach der andern Seite der Bay, näher bei den kleinen Adelaide-Inseln, die dicht bei Point William liegen, einem Punkt, den man für den geeignetsten zu der beabsichtigten Niederlassung hält. Unsere Bote waren nach Holz und Wasser ausgefahren, und fanden nicht nur nirgends Widerstand, sondern wurden noch von den Eingebornen unterstützt.

Dienstag den 30ten. Gleich nach Mittag landete ich bei Barracauta mit Herrn Morrison und dem Dolmetscher Anderson, um den vermeintlichen König, den sie Kukulaku nannten, den wir aber später Grund hatten, blos als den Häuptling eines Stammes zu betrachten, zu uns einzuladen. Er war nicht abgeneigt, zu uns an Bord zu kommen, die ihn umgebenden Großen aber widersetzten sich seinem Willen; er versprach jedoch, uns am folgenden Tage zu besuchen.

Mittwoch den 31ten. Kapitän Owen war gestern und heute außen, um die östliche Seite der Bay zu untersuchen. Das Dampfschiff, der Africaner, ging hier um eilf Uhr Nachmittags vor Anker, und brachte zwei Schiffe unter brasilianischer Flagge mit sich, welche Lieutenant Badgley angehalten und mit Beschlag belegt hatte, weil aller Verdacht vorhanden war, daß sie für den Sclavenhandel bestimmt seyen. Der König kam mit seinem Bruder und fünf oder sechs Vornehmen um neun Uhr Morgens in einem Kanoe zu uns an Bord. Sie betraten das Schiff, ohne besondere Aengstlichkeit zu verrathen; wir führten sie sogleich in die Cajüte des Kapitäns und bewirtheten sie mit Wein und Zwieback; sie ließen dagegen Kalabaschen mit Palmwein aus ihrem Kanoe holen. Sie tranken unsern Wein und aßen den Zwieback nicht ohne Behagen, als wir ihnen mit unsrem Beispiel voran gingen; und so tranken auch wir ihnen zu Gefallen von ihrem Palmwein. Einige von ihnen vermischten den Palmwein mit dem Madeira. Ein schwarzer Soldat von den


  1. Im Auszuge, nach einem von englischen Blättern mitgetheilten Tagebuch.
  2. Eine Art Kürbis mit harter Schale.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: das
  2. Vorlage: Ocher
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_535.jpg&oldid=- (Version vom 2.10.2023)