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Das Ausland. 1,2.1828

africanischen Truppen, Namens Anderson, war der Hauptdolmetscher der Unterhaltung. Vom König an bis auf den niedrigsten seiner Begleiter waren sie alle nach dem burleskesten Geschmack, den man nur je bei Wilden fand, aufgeputzt. Erstlich hatten sie ihren ganzen Körper mit einer rothen Farbe und Palmöl beschmiert; blos Se. Majestät war gelb bemalt, was auch in China die auszeichnende Farbe der kaiserlichen Familie ist. Ihr Haupthaar war vorne in kleine lange Locken getheilt, die, stark mit rothem Ocker und Oel beschmiert, hinter den Ohren herabhingen und den Vorderkopf ganz unbedeckt ließen. Ihre Stirn ist gewöhnlich rund, und das Haar darüber ein paar Zoll weit abgeschoren – die Köpfe der jüngern Leute sind, den Wirbel ausgenommen, ringsum glatt abgeschoren; sie hatten sechs bis acht Schnüre mit Kügelchen in den Haaren, die, sorgfältig vorn am Kopfe befestigt, hinter die Ohren bis auf die Schulter hinabliefen. Ihre Hüte hatten niedrige Böden und schmale Krämpen; sie bestanden aus Rattin und waren eben nicht sehr genau gearbeitet, mit Laub, Beinen von Affen und andern Thieren, und theils weißen, theils rothen, in Thierblut getauchten Federn geziert; sie waren an ein Büschel Haar vermittelst einer pfeilartigen Nadel befestigt, die durch sie hin und nach der obern Seite des Hutes auslief. Sie tragen Hals- und Armbänder; ihr Gürtel über den Hüften hält die einzige Bedeckung von vorn, die sie haben, und die in einem Bündel von Kräutern besteht. Se. Majestät allein hatte nicht nur vorn, sondern auch hinten eine Bedeckung, aus einem Thierfell bestehend. Der Gürtel besteht in einer Schnur, worein die Gelenke einer Schlange, oder Kügelchen, aus harten Beeren bestehend, eingereiht sind; die Arm- und Knöchelbänder waren größten Theils eben so gemacht.

Nach der Bewirthung in der Cajüte des Capitäns führten wir unsere Gäste über das untere Verdeck und zeigten ihnen die Pferde, Esel, Stiere, Schweine etc. Der Anblick der Pferde und der Schweine interessirte sie sehr; die Kuh aber, und vorzüglich ihr Schwanz, machte ihnen das größte Vergnügen; sie nahmen ihn nach einander in die Hand, rupften die Haare aus und schüttelten ihn voll Verwunderung. Von da führten wir sie auf das Hauptverdeck, wo die Musik zu ihrer Unterhaltung aufspielte, und sie in höchstem Grade belustigte. Der Bruder des Königs war so entzückt, daß er nach der Melodie: so spielte Orpheus, so tanzten die Thiere,[1] seine kannibalischen Sprünge und Gebärden machte. Nachdem wir sie auf diese Weise genug unterhalten zu haben glaubten, schritten wir zu dem schwierigsten Theil unserer Befreundungsversuche, zu der Vertheilung der Geschenke. Wir begannen mit Sr. gelben Majestät und verehrten ihm die ganze Länge eines eisernen Reifes, der zu dem Ende gerade gehämmert war; seinem Bruder gaben wir die Hälfte, und eine Länge von einem Fuß jedem der Chefs oder Begleiter des Königs; außer dem Reif wurde Se. Majestät noch mit einem Halbdutzend Fischhamen beschenkt. Es gab während der Vertheilung einigen Streit, der sich jedoch glücklicher Weise, zu großer Befriedigung der Gäste, endigte; sie verließen das Schiff im besten Vernehmen mit uns, hocherfreut über das Resultat ihres Besuches. Der König und die übrigen Chefs rieben ihre langen Bärte an denen der andern, wo sie einen ansichtig wurden. Großes Gefallen fanden sie an den Stühlen, die man ihnen zum Sitzen anbot. In ihren Hütten sitzen sie, wie wir später bemerkten, auf Holzblöcken und unterscheiden sich hiedurch von der Sitte der meisten Africaner, die entweder mit dem Steiß auf dem Boden Platz nehmen, oder auf ihre Fersen niederkauern.

(Fortsetzung folgt.)


Der Krieg zwischen Persien und Rußland.


(Fortsetzung.)

Dieß Gefecht wäre an sich selbst sehr unbedeutend gewesen, da die Perser nach ihren eigenen Berichten nicht über fünfzig Mann, und selbst nach russischen nicht mehr als 700 Todte und 100 Gefangene verloren; durch seine Folgen aber wurde es für Persien äußerst nachtheilig. Von den 3000 Mann, welche die Garnison von Abbas-abad ausmachten, bestand ein Drittel aus dem Bataillon von Nakhschiwan, welches fast ausschließlich aus dem Stamme Kangerlu erhoben war, und von Essan Khan, einem Neffen von Kerrim Khan, dem Häuptlinge desselben, befehligt wurde. Kerrim Khan war vor einigen Jahren, wegen eines Einverständnisses mit den Russen, seiner Stelle als Commandant von Nakhschiwan entsetzt, und erst kurz vor dem Ausbruche des Krieges, als der Schah es nöthig fand, die Stämme an der russischen Grenze in sein Interesse zu ziehen, wieder zu seiner früheren Stelle erhoben worden. Nach der Niederlage des Erbprinzen trat Essan Khan sogleich in Unterhandlungen mit dem russischen General und schloß in Gemeinschaft mit Mahommed Reza Khan, einem gebornen Bakuer, der das zweite Regiment von Tauris – gleichfals einen Theil der Besatzung – commandirte, eine Capitulation. Mahommed Amin Khan, der Commandant der Festung, war ein schwacher Mann und unter diesen Umständen völlig hülflos; der Rest der Besatzung, tausend Mann von dem Stamm der Bukteris, hatte daher kein Haupt, und alles was sie thun konnten, als sie von der Uebergabe der Festung hörten, war, sich mit einem Theil des Regiments von Tauris, das die Gesinnungen seines Anführers nicht theilte, in den Fluß zu werfen und das jenseitige Ufer zu gewinnen. Von zwei tausend Mann, die in der Uebergabe nicht mit begriffen waren, wurden nur kaum 200 gefangen. Bedeutende Magazine von Kriegs und Mundvorrath und 18 Stück Geschütz wurden in dem Fort gefunden.

Die verrätherische Uebergabe von Abbas-abad und der Abfall eines so mächtigen Stammes, wie der der Kangerlus brachte in dem Lager von Khoi große Sensation hervor: und wäre General Paskewitsch ohne Zögern über den Araxes gegangen, und hätte nur Miene gemacht,


  1. So played Orpheus, and so danced the brutes.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_536.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2023)