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Das Ausland. 1,2.1828

Ringen, Armbändern und Amuletten verarbeiten, Schmide, welche doppelschneidige Messer, Säbelscheiden und Lanzenspitzen verfertigen, geschickte Lederarbeiter, welche z. B. aus einem Paar Sandalen zwei oder aus einem Dromedarreitzeug fünf und zwanzig spanische Piaster[1] lösen, so will das freilich so gar viel nicht heißen, aber es ist immerhin so viel, daß dadurch Schendy, wie Barbar, der Mittelpunct eines Handels wird, wodurch es einen leichten Absatz seiner Produkte und einen verhältnißmäßigen Wohlstand erzielt.

Jeden Freitag, Samstag und Sonntag ist Markt: Lebensmittel, Vieh, Kaufmannsgüter, Sklaven sind neben einander aufgestellt. Da sieht man die Weiber in ihrem bunten Arm- und Halsschmuck von Glaskorallen oder Elfenbein mit einem einzigen Stück Tuch um die Hüften, wie sie ihre Milch und Butter verkaufen, wobei sie Straußeneier als Maß gebrauchen, oder wie sie ihre Stroharbeiten, niedliche Matten und Körbe zeigen; man sieht die kräftigen braunen Männergestalten in ihren weißen Hemden, die Shawlbeturbanten Scheikhs, die stolzen Dschaleyns, mit ihren breitkrämpigen Palmblätterhüten, die Chukryehs, die Kauâlehs und andere Araber in ihren verschiedenen Trachten und Manieren, und man erstaunt über die Mannigfaltigkeit des menschlichen Kunsttriebs, der sich auch bei der größten Einfachheit der Sitten in allerhand Flitter und Putz äußert. Da die Araber wenig oder kein Getreide bauen, so gehört Dura und ein daraus gemachtes Bier, welches Merys heißt und in ledernen Gefäßen, Matarahs, getrunken wird, zu den von ihnen gesuchtesten Hausartikeln, wofür sie Vieh und Sklaven, zuweilen Gummi, Steinsalz, Straußenfedern, Tamarinden, die Häute und das Fleisch von Tschiraffen, Rhinozerossen, Elephanten und andern Thieren, die sie auf der Jagd erlegen, auf den Markt bringen. Diese Nomaden sind den Ackerbauern in Bezug auf Einsicht und Thätigkeit weit überlegen, so daß sie, besonders weiter im Süden, nach und nach das Monopol beinahe aller Zweige des Handels an sich gebracht haben.

Es stehen in Schendy eine dreifache Reihe kleiner Buden, deren Gestelle, wie auf den Märkten Oberegyptens, kaum drei Schuh über den Boden reichen. Der Kaufmann, der mit unterschlagenen Beinen dasitzt, nimmt die Hälfte des Raums ein. Hier verkauft man Materialien, worunter die sogenannten Datteln von Sudan, Spezereien, venetianische Glasspielwaaren u. s. w.; alle Lebensbedürfnisse sind zu haben. Erst nachdem der Melik verkauft hat, fängt der freie Marktverkehr an, der nur durch die Possen der arabischen Affenführer vom Berge Kaßal manchmal unterbrochen wird. Die kleine Abgabe, die jede Karavane [2]bezahlt, wird in Natura erhoben.

Fast Alles, was der Nubier vom Ausland bezieht, erhält er über Egypten: baumwollende Zeuge; blaubgefärbte Schafpelze, worauf man schläft oder die man als Schabracken über die Sättel der Dromedare legt; silberne Spangen, Glasperlen, Rosenkränze von Bernstein oder Dum-Kernen, runde oder viereckige Spiegel, welche letztere für die Toilette Neuvermählter unentbehrlich sind; Antimonium zum Schwärzen der Augenbraunen, Lausanie zum Rothfärben der Nägel; genuesisches und livornesisches Papier; die oben erwähnten deutschen Säbelklingen, Stahl, Zinn, Nadeln, Feilen, Schellen; Zucker, Pfeffer, Zimmt, Gewürznelken etc.

Egypten hat jedoch im nubischen Handel die Concurrenz der Stadt Sauâkin am rothen Meer zu fürchten, eine Concurrenz, welche sich bis Sennâr und Kurdofân erstreckt. Sauâkin, begünstigt durch die Nähe von Dschedda, liefert besonders arabische und indische Artikel: Mokka-Kaffe, Seidenstoffe, Sandelholz, feine Zitze, Dosen aus Kokosschalen oder Muscheln u. s. w. Ja, was man kaum glauben sollte, es gehen eine Menge Pferde aus Dongola und Schendy über Sauâkin nach Yemen, wo die Pferde von guter Race gegenwärtig sehr selten sind, obgleich Egypten und Afrika überhaupt die seinigen aus Arabien empfangen hat.

(Fortsetzung folgt.)


Ueber die Angelegenheiten des Orients.


(Fortsetzung.)

Die Türken, Sclaven der Gewohnheit, werden sich in Schumla concentriren, einem wichtigen Punkte wegen der Vereinigung mehrerer Straßen von Bulgarien, so wie von Warna und mehreren Häfen des schwarzen Meeres. Wie wilde Eber in ihrem Lager werden sie sich für geschützt vor jedem Angriffe glauben; sie werden vergessen, daß 1810 die Russen, zwischen Schumla und der Meeresküste durchbrechend, sich leicht Warnas bemächtigen konnten, und daß es blos von Kaminski, der schon Meister der Höhen der Grotten war, abhing, den 23ten und 24ten Juni die Verschanzungen, hinter denen sie sich für unbesieglich hielten, im Sturme zu nehmen; sie werden vergessen, daß, während man sie auf diesem Punkte beschäftigt, eine zweite russische Armee, von Nikopolis oder Rutschuk ausgehend, mit Hülfe einiger Sappeur-Compagnien den Balkan überschreiten und über Tirnova unter den Mauern Adrianopels anlangen kann; daß es endlich noch mehrere Pässe über Philippopel gibt, und daß die Erinnerung an den unsterblichen Uebergang über den St. Gotthard alle diese Expeditionen nun als leicht darstellt.

  1. Cursirende Goldmünzen sind spanische Dublonen, venetianische Zechinen und holländische Dukaten. Der Nubier stellt, ehe er ein Stück annimmt, jedes Mal zuvor eine Probe damit an: wenn das Gold, im Feuer glühend gemacht und mit Asche gerieben, nicht an Farbe verliert, so ist es von gutem Gehalte. Sehr häufig vertreten goldene Ringe die Stelle der Münzen, – eine Form, in welcher das Gold besonders in den indischen Handel kommt. Das dortige Silbergeld ist der spanische Piaster; eines besondern Vorzugs genießt das Gepräge Carls IV, an welchem man zwei Franken und mehr gewinnt.
  2. Es ist lauter Landhandel: zwischen Barbar, Schendy und Sennâr besteht nicht die geringste Wasserverbindung. Man hat in diesen Gegenden kaum einige Barken, um über den Nil zu setzen.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 550. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_574.jpg&oldid=- (Version vom 20.9.2023)