Seite:Das Ausland (1828) 584.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

welche die Unterwerfung dieses Platzes auf die ganze Halbinsel haben würde, war wohl bekannt, und es wurde daher eine Armee zu diesem Unternehmen bestimmt, wie sie Indien selten in seinen Kriegen gesehen hatte. Sechs und zwanzigtausend fünfhundert Mann, größtentheils europäische Truppen, mit zweihundert Stücken Geschütz von allen Kalibern, wurden von dem Generalgouverneur, Lord Combermere, in Person ins Feld geführt. Aber dennoch ist es ungewiß, ob diese Macht ihren Zweck nicht verfehlt haben würde, wenn die Maßregeln ihres Anführers nicht so schnell gewesen wären, daß die wichtigsten der Vertheidigungsanstalten, welche den Feinden zu Gebot standen, dadurch unnütz gemacht wurden.

Die Stadt Bhurtpur liegt in einer Ebene, aber mitten in einem unermeßlichen Walde, welcher sich bis zum Jahre 1824 bis auf das Glacis hinauf erstreckte. Gegenwärtig war indessen ein bedeutender Theil desselben niedergeschlagen worden, um auf allen Seiten einen offenen Raum von fünf bis sechshundert Schritt zwischen dem Graben und dem Walde zu gewinnen. Die Festungswerke bestehen in einem einfachen Wall mit niedern Courtinen und Bastionen, die ohne Ausnahme rund und daher den Wirkungen einer Breschebatterie mehr ausgesetzt sind, als bei einer den Regeln der Fortificationskunst entsprechenden Form der Fall wäre; hauptsächlich aber in einem Graben oder Canal von außerordentlicher Weite und Tiefe, der durch einen in der Nähe gelegenen See mit Wasser gefüllt werden kann und dann den Belagerern jeden Zugang zu der Stadt selbst abschneidet. Dieser wird durch eine Citadelle, auf der Nordseite des Platzes beherrscht, die, von einem besonderen Graben und besonderen Werken umgeben, auch nach der Einnahme des letzteren noch behauptet werden kann.

(Fortsetzung folgt.)


Nubien.


(Fortsetzung.)


Sclavenhandel. Eunuchen. Krokodile und Flußpferde, wie sie gefangen werden. Ein Blick auf die amerikanischen Saurier.

Sehr bedeutend ist der Handel mit Sclaven. Es werden deren jährlich vielleicht vier Tausend in Schendy verkauft.[1] Man bringt sie aus Habesch, Sennâr und aus mehreren Theilen des östlichen Sudan. Die abessynischen, die für die gescheidesten und fähigsten gelten, sind die gesuchtesten; auf zweiter Stufe folgen die Nuba-Neger; weniger gelehrig sind die von Kurdofân und Dârfur; die von Fertit sollen wilde Bestien seyn. In letzterem Land, welches gegen die Quellen des weißen Flusses hin liegt, sind es die Eltern selbst, welche ihre Kinder verkaufen, um sich Dura zu verschaffen.

Ehe die Sclaven auf den Markt kommen, werden sie sorgfältig geputzt und vom Kopf bis zu den Füßen mit Fett eingeschmiert. Dann müssen sie aber, wie die Thiere, die zum Verkauf ausgestellt sind, oft Tage lang den brennenden Strahlen der Sonne ausgesetzt, auf bloßer Erde sitzend, des Käufers harren. Uebrigens liegt es im Interesse der Sclavenhändler, daß sie die Unglücklichen gut behandeln, wofür ihnen diese, ungeachtet des eigennützigen Grundes ihrer Großmuth, den Namen Abu (Vater) geben.

Das Alter ist der gewöhnliche Maßstab, wornach man den Preis der Menschenwaare schätzt. Mädchen von eilf und unter eilf Jahren nennt man Commaßy; Sedaßy, die zwischen eilf und fünfzehn: letztere sind die theuersten und kosten achtzehn bis dreißig spanische Piaster; die Balegen, d. h. die über fünfzehn, nur acht bis zwölf. Ist eine Sclavin schon zwischen zwanzig und dreißig, so ist sie eine alte Waare, mit der man sich nicht gerne belastet, die man aber behält, wenn man sie einmal im Dienst hat, und der man sogar, wenn sie weibliche Arbeiten und die Küche versteht, noch einen Werth zuerkennt. Endlich macht auch der Umstand einen Unterschied im Preis, ob der Sclave die Pocken überstanden hat oder nicht: denn, wie man sagt, sterben in Dârfur ein Fünftel von ihnen an dieser Krankheit. Immer aber werden männliche Sclaven um 30 pro cent wohlfeiler bezahlt als weibliche.

Die Sclaven wandern lange Zeit von einer Hand in die andere, und oft hat einer acht oder zehn Herrn gehabt, ehe ihm eine bleibende Bestimmung zu Theil wird. Während sie so hin und her verhandelt werden, und auf dem Transport, wo beide Geschlechter nicht immer abgesondert werden können, überlassen sie sich ohne Scham und Zurückhaltung, mit der ganzen Heftigkeit des afrikanischen Temperaments, allen Ausschweifungen der Wollust, so daß, bis sie nach Okal Gellab, dem Ort der großen Sclavenniederlage in Kairo, kommen, keine Negerin mehr rein ist. Hier wird jede dann auf die Probe verkauft, und es gibt, wie beim Viehhandel, gewisse unsichtbare Fehler, für die der Verkäufer gut stehen muß: z. B. wenn eine die Gewohnheit hat, des Nachts zu schnarchen, mit den Zähnen zu knirschen u. s. w.

Wenn ein Türke einen Sclaven kauft, so läßt er denselben beschneiden und schöpft ihm einen Namen, der so seltsam als möglich ist, weil er besorgt, es möchte ihm, wenn ein anderer Sclave denselben Namen trüge, der seinige streitig gemacht werden können. Man nimmt an, daß sich in Egypten 40,000 Sclaven befinden. Bei der Expedition Ismael Paschas war es, außer dem Goldsuchen, hauptsächlich auf Sclaven abgesehen. Der Sohn des weisen Mehemed ließ förmlich darauf Jagd machen, und hoffte dreißig Tausend heim zu bringen. Allein wie die geträumten Goldberge sich zuletzt in etwas Goldsand verwandelten, so wurden aus dreißig Tausend Sclaven etliche Hundert, von denen mehr als die Hälfte unterwegs vor Kummer und Elend zu Grunde ging.

Verschnittene bekommt man auf den Sclavenmärkten Nubiens selten zu sehen. Egypten ist das eigentliche Vaterland der Eunuchen. Außer einigen wenigen aus

  1. Ein Hauptstapelplatz des Sclavenhandels nach Massua und Kairo ist ebenfalls Sauâkin.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 558. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_584.jpg&oldid=- (Version vom 28.9.2023)