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Das Ausland. 1,2.1828

Und sammle, Dimos, mein entströmend Blut
     In einem goldnen Tuche.
In die neun Dörfer, Dimos, trag’ es hin,
     Und in die zehn Reviere;
Und wenn sie fragen, Dimos, was es sey:
     „Das Blut von der Geliebten.“

Dieselbe Strophe mit Brechung in dem längern Verse und mit kürzerm Maße des nachschlagenden, hat das Lied vom Garten, über welches aller Liebreiz südlicher Natur und Naivetät verbreitet ist: [1]

Alle mit schwarzen Augen und braunen Wangen
     Von dunklem Haar umhangen,
Küssen mich gerne; doch Eine will es vermeiden,
     Und schafft mir bitt’res Leiden.
Zu Berge will ich steigen und einen Garten
     Anbau’n und warten,
Den Garten und die Hütte und schöne Reben
     Und eine Thür daneben.
Da kommen all’ die Schönen und suchen Trauben
     Und wollen Küss’ erlauben.
Laßt sie nur alle kommen mit dunklen Blicken
     Zu plagen, zu entzücken.
Sie rufen nach dem Gärtner: Gib uns die Trauben,
     Wir wollen Küss’ erlauben.
Legt ab nur eure Socken und tretet näher,
     Nur ganz herein und näher.
Willst du von diesen Aepfeln, dort von den Quitten,
     Nicht lange sollst du bitten,
Willst du die Moschustrauben, die Zuckerbeeren,
     Der Liebe sey’s zu Ehren.

  1. Das. II. 240.
(Fortsetzung folgt.)


Die Belagerung von Bhurtpur.


(Schluß.)

Der 14te Januar war jetzt gekommen und die Arbeiten der Belagerer machten so gute Fortschritte, als unter den obwaltenden Umständen irgend erwartet werden konnte, besonders in der Richtung gegen die Bastion mit dem langen Nacken, unter welcher, ungeachtet der Boden aus bloßer Dammerde bestand, man wirklich mit einer Kammer zu Stande gekommen war. Auch die Sappen wurden immer mehr verstärkt, bis sie zuletzt ganze Abtheilungen Infanterie aufnehmen konnten, welche die Minirer durch ein ununterbrochenes Kleingewehrfeuer deckten. Um sieben Uhr des Morgens flog eine Mine auf, von welcher man eine große Wirkung erwartet hatte. Sie warf indessen, entweder weil man die Lage falsch berechnet, oder sie mit keiner hinreichenden Quantität Pulver versehen hatte, nur den Boden auf und ließ die Contrescarpe unbeschädigt. Sogleich machte der Feind einen Ausfall, um die Minirer abzuschneiden; er wurde jedoch aus den Sappen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß er sich mit großem Verlust zurückzuziehen gezwungen sah.

Der 15te und 16te waren Tage von großem Interesse. Am 15ten wurde die Mine, die unter der Bastion mit dem langen Nacken gegraben worden war, mit mehr als 5000 Pf. Pulver geladen, was ungeachtet des hartnäckigsten Widerstandes der Besatzung fast ohne allen Verlust geschah. Die Bhurtpurer boten jeder persönlichen Gefahr mit der bewunderungswürdigsten Aufopferung Trotz, sie warfen brennenden Bambus, Stroh und andere Brennmaterialien auf die Pioniers herunter, welche die Pulversäcke trugen, aber durch eine außerordentliche Begünstigung des Glücks wurde nicht ein einziger derselben vom Feuer ergriffen, und so die Mine, welche schon so viele Mühe und Menschen gekostet hatte, vollendet und armirt.

Der Vormittag und ein Theil des Nachmittags des folgenden Tages zeichnet sich durch nichts Ungewöhnliches aus; das Feuer dauerte, wie bisher, ununterbrochen mit gleicher Lebhaftigkeit fort, bis um vier Uhr Nachmittags die Zündlinie angezündet wurde und die Mine aufflog. Es war ein schreckliches Schauspiel und das Getöse so stark, daß Alle, die in der Nähe standen, für einen Augenblick betäubt wurden. Die Contrescarpe wurde mit fürchterlichem Krachen niedergeworfen und die Scarpe selbst fiel in Trümmern in den Graben. Aber zur nicht geringen Ueberraschung der Britten entdeckte der Fall dieser Scarpe nur eine neue, von Stein gebaute, hinter der ersten, die indessen im Verhältniß zu dieser leicht zu ersteigen war.

Der 17te verging, wie alle früheren Tage, unter dem Donner der Artillerie und des kleinen Gewehrs. Die merkwürdigste Waffenthat war eine Recognoscirung, die Capitän Carmichael vom 59ten Infanterieregiment unternahm. Dieser Offizier wagte sich an der Spitze von 15 Grenadieren in den Graben, erstieg die Bresche, sah in den Platz hinab, ließ von seinen Begleitern einige Handgranaten hineinwerfen und kehrte zurück, ohne mehr als zwei Mann verloren zu haben. Inzwischen wurden Sturmleitern in die Transcheen gebracht, um, so wie der Augenblick kam, bereit zu seyn, während die Minirer so angestrengt an der großen Mine zur Rechten arbeiteten, daß dieselbe kurz nach Einbruch der Dunkelheit gefüllt war. In dieser Mine waren nicht weniger als 15,000 Pf. Pulver; und es wurde nur noch ihr Auffliegen erwartet, um das Zeichen zum Sturm zu geben.

Am folgenden Morgen um zwei Uhr setzten sich die beiden zum Sturm bestimmten Abtheilungen in Bewegung, und nahmen, die erste der rechten, die zweite der linken Bastion gegenüber, ihren Standpunkt. An der Spitze beider Colonnen standen brittische Regimenter, rechts das 59ste, links das 14te, in der Reserve die verschiedenen Corps der eingebornen Truppen. Jeden Augenblick erwartete man das Auffliegen der Mine; aber es verging eine Stunde nach der andern, ohne daß die Explosion erfolgt wäre; und als der Tag anbrach, schien die Aussicht auf den Angriff noch eben so weit entfernt, als je. Von diesem Moment bis ungefähr um neun Uhr des Vormittags erbebte die Erde von einer Kanonade, die so heftig und ununterbrochen war, wie man nur je eine gehört hat. Aus den brittischen Linien warfen mehr als 100 Feuerschlünde ihren todbringenden Inhalt in die belagerte Stadt, während von Seiten des Feindes alles, was nur einer Feuerwaffe ähnlich sah, von dem gewaltigen 84 Pfünder bis zu dem Luntengewehr

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 571. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_597.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2023)