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Das Ausland. 1,2.1828

Königthum war von kurzer Dauer: er wurde gefangen und hingerichtet. Da der Sohn nichts vom väterlichen Ehrgeiz besaß, so brachte er sein Leben als geachteter Stammhäuptling zu, ohne je einen bedeutenden Staatsdienst bekleidet oder nur vielleicht gewünscht zu haben. In seinem zufriedenen Sinn schätzte er sich glücklich, daß er nicht der Nachfolger seines Vaters in jenem glänzenden aber sorgenschweren Königs-Traum, wie er dessen letzte Lebensepoche betrachtete, geworden war.

Als ob Alles dazu beitragen sollte, uns den Aufenthalt in Doscht-i-Erdschon angenehm zu machen, erhielten wir von dem Prinzen und seinen Großen aus Schiras eine solche Menge Zuckerwerk, Kreme, eingemachte Früchte, köstliche Trauben und Nektarinen zum Geschenk, daß man im Lager vom Gesandten bis zum Hundewärter herab, an Leckerbissen jeder Art vollauf hatte.

Am folgenden Morgen zogen wir weiter; ein alter Reis oder Ritter, der ein bedeutender Grundeigenthümer in diesem Thale war, begleitete uns. „Wie glücklich seyd ihr, sagte ich, daß ihr einen so schönen und fruchtbaren Landstrich besitzt.“ Kopfschüttelnd erwiederte er: „dieses Grün, das ihr bewundert, macht eben unser Unglück; denn weil unser Thal das beste Grasland in Persien ist, so schicken uns alle Prinzen und Edelleute ihre Maulthiere auf den Hals; und während sie uns durch diese Thiere unsere Fruchtfelder und Gärten zertreten lassen, haben wir noch den Uebermuth ihrer Diener zu ertragen: denn die Knechte sind in unserm Lande (ich weiß nicht, ob es in dem euern auch so ist) immer zehnmal schlimmer als die Herren.“

(Fortsetzung folgt.)


Die Landes von Bordeaux.


(Fortsetzung.)

Mitten in dieser weiten Wüste leben, hier und da zerstreut, 1000 oder 2000 umherirrende Hirten, die auf Stelzen laufen, grobe Wolle spinnen und fünf oder sechsmal hunderttausend Schafe hüten. Die Eigenthümer wenden nicht die geringsten Kosten zur Unterhaltung dieser Heerden auf; von natürlichen oder künstlichen Wiesen ist so wenig, als von Futtereinkäufen oder Verbesserungen der Racen die Rede. Wenn lang anhaltende Regen die Heiden überschwemmen, so kommen diese durch den Mangel an Nahrung und die Anstrengung ihrer beständigen Wanderungen erschöpften Thiere zu Tausenden um.

Man braucht den sandigen, kiesreichen Boden dieser Ebenen nur aufzustechen, um einen Brunnen zu erhalten, dessen grünes, sumpfiges Wasser unerschöpflich ist. Den allgemeinen Abfall des Bodens, den das Auge unfähig ist zu bemerken, tritt stellenweise eine entgegengesetzte Neigung entgegen, welche die Stagnation des durch die Herbstregen gesammelten Wassers veranlaßt und einen Theil des Jahres hindurch diese Flächen in unzugängliche Sümpfe verwandelt. Mehrere Lieues kann man daher machen, ohne eine einzige Wohnung zu finden, wenn man sich nicht zur Rechten oder Linken gegen die Bäche des Pays de Culture wendet.

Die Industrie dieses Landes beschränkt sich darauf, die Heerden zu hüten, eine unbedeutende Quantität Honig zu sammeln, (den man nichts anders zu gewinnen weiß, als indem man die Bienen in dem Wachs tödtet) und an den Grenzen des Pays de Parcours und der bewohnten Gegenden einige Windmühlen zu bauen. Der Handel dieser ausgedehnten Strecke besteht in der Ausfuhr von Lämmern, von ungegärbten Häuten, von grober Wolle, von Honig mit safrangelber Farbe und widerwärtigem Geschmack und Wachs, in welchem die Bienen erstickt sind.

Das Pays de Culture ist nicht ganz so erbärmlich, als das Pays de Parcours; indessen ist doch auch hier, obwohl man mehrere Zweige der Industrie findet, die Bevölkerung noch sehr weit zurück. Die Ländereien, welche von Bächen durchschnitten sind, werden oft überschwemmt, weil die Eigenthümer nicht Sorge tragen, den Ablauf des Wassers zu sichern. Gegen die Quellen dieser Bäche sieht man weite Sümpfe, die neun Monate des Jahres hindurch mit Wasser bedeckt sind. Eine andere Ursache häufiger Ueberschwemmungen liegt in der Verstopfung der Mündungen der Abzugscanäle. Die Anschwemmungen, welche sich an den Ufern der Garonne, der Gironde und des Adour aufhäufen, und die Dünen, die an der Küste durch die Thätigkeit des Meeres und der Winde beständig landeinwärts gedrängt werden, sind eben so viele Dämme, die sich dem Ablauf des Wassers entgegen setzen; daher die zahlreichen kleinen Seen an der ganzen Linie des Littorale und die Sümpfe des Bas-Medoc an der Gironde, so wie des Pays des Maremnes am Adour.

Der Boden wäre fähig, mehrere Holzarten hervorzubringen, aber außer der Kiefer und Korkeiche, die man in einigen Gegenden pflanzt, giebt man sich nicht die Mühe, sie zu vermehren. Der Widerwillen gegen den Anbau der Kartoffeln, konnte selbst bei der Hungersnoth des Jahres 1816 nicht überwunden werden. Der Gebrauch, die Aecker mit Mergel zu düngen, und die künstlichen Wiesen mit Gips, ist hier noch unbekannt; die Ackerbauwerkzeuge zeigen die Kindheit der Landwirthschaft an, und die Benutzung des Bodens ist seit undenklichen Zeiten unverändert dieselbe geblieben.

Die Bevölkerung zerfällt in zwei scharf geschiedene Classen, die der Eigenthümer und die der Pächter, Weingärtner u. s. w., die man nicht anders als wie Tagelöhner betrachten kann. In den holzreichen Gegenden erhält jede Köhler-Familie gegen Ablieferung der Hälfte oder eines Drittheils des Ertrages ein Haus und ein Feld, dessen ärmliche Erndte sie jedes Jahr auf’s Neue von der Gnade ihrer Herren abhängig macht. Die für den Getreidebau benutzten Ländereien sind ähnlichen Bedingungen unterworfen; der Pächter erhält dieselben auf keine längere Frist, als den Termin eines Jahres, nach dessen Ablauf der Eigenthümer sein Land einem Andern geben kann.

Man findet bei der zahlreichsten Classe alle die Unwissenheit, Vorurtheile und Laster, die in allen Ländern

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 615. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_641.jpg&oldid=- (Version vom 29.9.2023)