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Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland

vielmehr ein Haufen elender Hütten, den man mit dem Namen Stadt beehrt hat. Einige Saiken unterhalten den ganzen Handel, der von hier mit dem gegenüberliegenden Moka getrieben wird. Zwölf Lieues weiter befanden wir uns in der Meerenge von Babel-Mandeb, d. i. im Thor der Thränen. Ob dieser Name sich vielleicht von den Gefahren herschreibt, mit welchen die alten Araber die Schifffahrt, auf dem Ozean in Verbindung setzten, so daß ihnen Jeder verloren schien, der sich über die Meerenge hinaus wagte?

In der Meerenge herrschen sehr heftige Winde. Wir wären beinahe auf die Insel Perrhaim geworfen worden, und entgingen dieser Gefahr nur, indem wir uns — bereits den Rückweg antretend — in eine Bay zwischen Babel-Mandeb und Moka flüchteten. Moka, als wir es endlich erreichten, kam uns vor wie ein bezauberter Ort aus Tausend und Eine Nacht; seine Ansicht von der Seeseite ist ziemlich angenehm. Ob es gleich mitten in die Sandwüste gebaut ist, wo nur hie und da ein Palmbaum die allgemeine Oede unterbricht, so sind doch die Märkte hier mit allem Möglichen auf’s Reichlichste versehen: der Handel führt dieser alten Hauptstadt Yemens alle Früchte und Gartengewächse des Thals von Sennaa, das zwölf Lieues landeinwärts liegt, und die Heerden Abyssiniens zu. Die Stadt ist mit Festungswerken umgeben; eine Batterie beherrscht das Meer; im Norden hat sie zwei Thürme, mit einigen Kanonen besetzt, welche den Wahabi imponiren sollen. Der berühmte Mokakaffe wächst nicht in den Umgebungen der Stadt. Die ganze Küste, in einer Breite von zehn, fünfzehn, zwanzig Lieues ist eine Wüste, und aus dem Anblick zahlreicher Versteinerungen kann man schließen, daß sie ehedem von den Wogen bedeckt: war. Aber jenseits des Saums der Wüste erhebt sich ein grünes Amphitheater von Bergen und Thälern, wo Kaffestauden, Datteln, Ananas, Reben, Feigen, Granaten, Cassien wachsen, wo tausend Blumen und Gewürze an alle Sinne sprechen und für Yemen den Namen des glücklichen Arabiens verdienen, einen Namen, den man sehr übel angebracht glaubt, wenn man nach der Seeküste das Land überhaupt beurtheilt.

Wir vermieden die Beendungen längs der Insel Kahrman, die durch eine kleine Lieue von Arabien getrennt ist. Nach sechzig Lieues einer sehr einförmigen Reise entdeckten wir Besyam und endlich Dschidda, wo wir vor Anker gingen. Dschidda ist der Hafen von Mekka, wie Havre von Paris. Die Verehrung für das Grab Ismaels und die Kaaba (auch Beith-Alla oder das Gotteshaus genannt), ist bekanntlich sehr groß und gilt für ein Dogma der muselmännischen Religion; eine oder zwei Pilgerfahrten nach Mekka hält jeder Gläubige für seine Pflicht: daher die Menschenmenge, die in Dschidda zusammenströmt: denn neben der Andacht, welche die Pilger dahin zieht, thut dieselbe Wirkung bei den Kaufleuten die Gewinnsucht. Der Handel ist hier so bedeutend und es laufen eine solche Menge reichbeladener Schiffe in den Hafen, daß ein arabisches Sprichwort sagt: „Reich wie ein Schiff von Dschidda.“ Wir trafen hier den französischen Arzt Devaux, den der Pascha von Egypten über das Spital von Mekka gesetzt hat: er überhäufte uns mit Freundschaft.


(Schluß folgt.)


Das chinesische Drama[1]


Unter den vielen interessanten Mittheilungen, welche wir in Europa den Bemühungen der Jesuiten und der katholischen Missionäre überhaupt verdanken, findet sich wenig oder gar nichts über die Poesie der Chinesen; und die wenigen Reisen, welche in neuerer Zeit Europäer zu diesem wunderbaren Volke haben unternehmen können, haben uns über alles, was den Zustand der schönen Wissenschaften in China betrifft, eben so sehr im Dunkeln gelassen. Dieser Gegenstand ist kaum berührt, und wenn dieß geschah, so oberflächlich behandelt worden, daß es einleuchtend ist, daß nicht sowohl wirkliche Kenntnisse als Vorurtheile dem, was darüber gesagt wird, zu Grunde liegen. So sagt z. B. der Pater Cibet:[2] „Von einem Gelehrten, der poetische Versuche machte, würde man in China eben so urtheilen, wie in Frankreich von einem Grenadieroffizier, der sich auf der Violine hören ließe“ eine Bemerkung, die der Abbé Grozier getreulich nachschreibt; indessen widersprechen beide unmittelbar darauf sich selbst, indem sie Stellen aus älteren und neueren chinesischen Gedichten anführen, die Schönheit derselben über die Maßen anpreisen, ihnen den größten Einfluß auf die sittliche Bildung der Chinesen zuschreiben, und sich weitläuftig über das hohe Ansehen verbreiten, in welchem dieselben seit den ältesten Zeiten bis auf die gegenwärtige Stunde gestanden seyen. Das Wahre an der Sache ist, daß die ältesten Ueberlieferungen der Chinesen in Gedichten niedergelegt sind. Schon das in der Schriftsprache übliche Zeichen für poetische Compositionen weist unverkennbar auf einen frühzeitigen Ursprung derselben hin; denn das sogenannte Schih, welches ungemein kurze, aus nicht mehr als vier Zeichen bestehende Sentenzen bezeichnet, ist ein aus dem Charakter, der Wort, und dem der Halle, Tempel bedeutet [3] zusammengesetztes Bild, also soviel als Tempelwort [4]. Das Buch der Lieder, eines ihrer vier vorzüglichsten und ältesten classischen Werke, enthielt größtentheils nur solche kurze Verse.


    behaupten, das Gold- und Elfenbeinland, welches Salomon’s Flotten besuchten, hieher verlegt werden muß. Uebrigens scheint weder die Beschreibung der Schätze von Tarschisch und Ophir (Reg. I, 9, 26. 28. 10, 11. 12. Paralip. 9, 21.), nach die Zeit von drei Jahren, welche die israelitischen Flotten von Eloth und Ezeon-Geber zur Hin- und Herfahrt gebraucht haben sollen, auf die Küstenländer Abyssiniens am rothen Meer zu passen.

  1. Vergl. einen kurzen Aufsatz über das chinesische Theater im Ausland, Nr. 88.
  2. Mem. Chin. Tom. VIII. pag. 237.
  3. Der Ort, wo vor alten Zeiten die Behörden dem versammelten Volke gute Lehren gaben.
  4. Ein Beweis, daß die Priester anfangs sich der poetischen Form bedienten, um ihre Lehren dem Volke mitzutheilen
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard L. Schuhkrafft: Das Ausland. Cotta, Stuttgart, München, Augsburg, Tübingen 1828, Seite 727. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_753.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)