Seite:De Alemannia II 160.jpg

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hinein und versenkte heilige Sachen. Plözlich sprang ein fürchterliches Ungeheuer aus dem Wasser, jagte die Verwegenen in die Flucht und 7 Tage lang war stürmisches Wetter. Klübers Beschreibung von Baden II Teil (1810) S. 191. Bader, Schnezler. Der gelehrte Jesuit Athanasius Kircher behauptete im 2. Teile seines „Mundi subterranei“ (Edit. Antwerp. 1678 fol.), dass er aus eigener Erfahrung vom Jahre 1666 versichern könne, dass das Steinwerfen in den Pilatus- und Mummelsee Sturm und Gefahr bringe. Dagegen meldet der Badener Jesuit Bernhard Dyhlin in seinem discursu de thermis Badensibus (Rast. 1728. 8.) in dem appendice de famoso Lacu Mummelsee p. 65, er habe so etwas nicht bemerkt, als er 1727 nicht nur mehrere Steine in den See geworfen, sondern auch mehrmal mit der Flinte hineingeschossen habe.

2 Ein seltsam gestalteter Bewohner des Sees, in Rattenpelz gekleidet, holte einst eine Hebamme aus Kappel, seiner Gattin bei der Niederkunft beizustehen. Mit einer Birken-Ruthe schlug er in den See. Sogleich theilte sich das Wasser, und beide stiegen, auf einer alabasternen Wendeltreppe in den Abgrund zu einem vergoldeten Prachtzimmer, in welchem ein aus Karfunkel zusammengesezter Thron aufgeschlagen war. Hier hatte die Wehmutter ihr Geschäft zu verrichten. Derselbe rätselhafte Mann führte sie, auf derselben Treppe, wieder zu der Oberwelt. Hier angekommen, gab er der Geburtshelferin als Belohnung einen Strohbündel. Voll der herzlichsten Freude, dass sie das Abenteuer glücklich bestanden, weigerte sie sich bescheiden, das Geschenk anzunehmen. Verschone mich, sagte sie, es ist gern geschehen; auch fehlt es mir zu Hause nicht an Stroh. Durch vieles Nötigen gelang es endlich dem Ratten-Pelzmann, dass sie das vermeintliche Stroh-Geschenk annahm. Doch kaum hatte er, im Zephyrschritt, sich entfernt, so warf sie den Strohbündel weg. Nach Hause gekommen, bemerkte sie, dass ein Strohhalm, der unversehens an ihr war hängen gebliben, sich in das reinste Gold verwandelt hatte. Nicht wenig grämte sich nun das arme Weib, dass sie das rätselhafte Geschenk so gering geachtet hatte.

3 Einst hauseten wundersame Seefräulein in dem dunkeln Wasser dieses Bergsees. Eine dieser Nixen bezauberte einen schönen Hirtenknaben, der ihr unvermutet in dem Gebüsch begegnet war. Oft fanden sich beide liebäugelnd zusammen an der kühlen, einsamen Quelle einer Bergschlucht. Sie lehrte den Knaben wundersame Lieder, während seine nervigen Arme um ihren weissen Nacken spilten. Stunden vergiengen im traulichen Gespräch wie Minuten. »Dringe nicht zu dem See, strebe nicht dahin, wie lang ich mich auch dir entziehen möge«, – diess war die Warnung, die sie jedesmal dem Knaben zuflüsterte, wenn sie, von dem Abendstern erglänzend, aus seinen Armen sich losriss. Mehrere

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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia II. Marcus, Bonn 1875, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_II_160.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)