Seite:De Alemannia XI 032.gif

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ein Bauer, der oft in dem den Schloßberg bedeckenden Walde zu tun hatte, fand einst, als er frühstücken wollte, einen bequemen Siz, der im vorkam wie eine aus Stein geformte Kiste. Er freute sich des bequemen Sizes und erzälte es den Abend. Als im gesagt wurde, daß in diser Kiste sicher die Schäze des Schloßes enthalten gewesen seien, eilte er auf den Berg, fand aber an der im wolbekannten Stelle die Kiste nicht mer.

Die Hirtenknaben des religiösen Vorstehers der Widertäufer weideten einst das Vih in den Trümmern der alten Burg. Da hörten sie plözlich eine Ur schlagen. Sie sahen auf und erblickten an der Mauer eine große Ur, die inen zu irem größten Erstaunen jedesmal die Stunde schlug. Als die Ur siben schlug, triben sie ir Vih abwärts und erzälten den Vorfall. Den nächsten Morgen stig der Vorsteher mit den Hirten hinauf, fand jedoch an der Stelle nur einen aus der Mauer hervorragenden Birkenstamm.

Einige hielten diß für eine Schazangabe und durchwülten an der Stelle die Mauer, doch one Erfolg.


13 Irrfürendes Liecht

Am Fuße des Odilienberges ligt in der Ebene ein Stück Wald. Dort zeigt sich oft ein helles Liecht. Ein Förster, der noch jezt lebt, glaubte einen Holzfrevler erwischen zu können und schlich dem Liechte nach. Dasselbe gieng immer vor im her und lockte in in das Gebirge hinein. Als er es endlich erreicht zu haben glaubte, fur es mit lautem Zischen und Geprassel hoch in die Lüfte und erlosch. Der Förster fand sich im Dunkeln allein an einem wilden verrufenen Ort, weit ab von seinem Hause, mühselig wurde im der Rückweg. Einige Tage später fand man einen Bäcker aus der Gegend weit ab vom Wege tot im Walde. Das Volk glaubte, daß auch er dem Liechte gefolgt und nicht so gut als der Förster davongekommen sei.


14 Der Tännchel

Der Tännchel ist ein hoher Berg bei Rappoltsweiler im Ober-Elsaß, der in unheimlichem Rufe stet. Ueber seinen langgestreckten Rücken zieht sich eine sogenannte Heidenmauer hin, die jedoch wol nur eine Grenzmauer ist, wie man sie jezt noch auf den Kämmen der Hochvogesen, die beweidet werden, findet. Darauf zeigt auch der Glaube des Volkes hin, das da meint, sie sei errichtet als Grenze, nur biß an sie wäre Macht und Recht der Heiden gegangen. Auf dem Berge ligt ein Felsen, der im Gleichgewicht rut und in Bewegung gesezt schwankt, einer der in den Vogesen öfters vorkommenden „Lottelfelsen“. In nennen die Umwoner „Klitschfelsen“ und glauben, daß die Heiden ire Opfer unter disen Felsen gelegt und zu Tode gedrückt hätten. Unterhalb des

Empfohlene Zitierweise:
Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_032.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)