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noch muste Reichenweier aushalten, die festen Mauern sind jezt für immer gebrochen, aber unvergeßen lebt bei den Nachkommen die Erinnerung an den Verrat des „Zellenbergers Burgersmann“.


20 Der Bettag in der Grafschaft Nassau-Saarwerden

Alte Leute erinnern sich noch, daß ire Väter erzälten, wie vor der großen Revolution in der lothringischen Grafschaft Nassau-Saarwerden am Mittwoche biß zum Mittage die Arbeit rute. Es war Mittwochs der sogenannte Bettag, es wurde Gottesdienst gehalten und alles feierte. Der Gebrauch soll daher stammen, daß einst ein Graf von Nassau-Saarwerden ein änliches Geschick hatte, wie der Graf von Gleichen. Auch er lag im heiligen Lande in harter Gefangenschaft verstrickt. Wie diser wurde er durch die Liebe einer vornemen Türkin befreit und erhob dieselbe in der Heimat zu seiner zweiten rechtmäßigen Frau. Aus Dankbarkeit gegen Gott ließ er in seinen Landen den Mittwoch als Dank- und Bettag feiern.

KURT MÜNDEL     


2 RECHTSRHEINISCHE SAGEN

21 Sage vom Stettelberger in Sernatingen – Ludwigshafen

Cyriak Kössinger, genannt der Stettelberger nach dem Gewann des Waldes Stettelberg, über den er Waldhüter war, nam beim Sezen von Marksteinen zu Gunsten des Spitales Ueberlingen und zum Nachteil s. Heimatgemeinde Sernatingen, welcher der Wald Stettelberg gehörte, wärend er auf Sernatinger Gemarkung im besagten Walde stund, Grund vom anstoßenden Spitalwald Ueberlingen in s. Schuhe und schwur: so war ein Gott im Himmel ist, gehört diser Wald dem Spitale Ueberlingen; denn ich stehe hier auf spitälischem Grund und Boden. Bald darauf starb Stettelberger beim Ausgang aus der Kirche auf deren Treppe eines plözlichen Todes und muste zur Strafe für s. Betrug biß vor wenigen Jaren als spitälischer Waldhüter in Sernatingen geisten. Im Schlößle – (dem Herrn Pfarrer Ewald in Ueberlingen gehörend) – war von jeher eine Kammer unbewonbar gewesen, in welcher sich der Geist aufgehalten haben soll. Um in zu erlösen, ließ der Spital Ueberlingen biß jezt jedes Jar in der Kirche zu Ludwigshafen ein Seelenamt halten. Heute noch spukt der Stettelberger bei alten Leuten, die in jezt noch zeitweise am Abend sehen wollen, und nichts bringt die Kinder Abends schneller von der Straße, als die Drohung mit dem „Stettelberger“.

Dr. Schedler.


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Anton Birlinger (Hrsg.): Alemannia XI. Marcus, Bonn 1883, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Alemannia_XI_035.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)