Seite:De Arndt Mährchen 1 469.jpg

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das rauhe garstige kalte Thier mit ihren Händchen und legte es an ihr Herzchen und weinte die hellen Thränen auf seinen Rücken hinab und rief: Ja gewiß hast du Liebe, du hast ein warmes warmes warmes Herz, wohl wärmer als mein Herz, und darfst es dir nur nicht merken lassen.

Und Mariechen fiel etwas ein und sie stand auf und schlug sich ein Licht an und holte Zucker und Honig und das feinste Weißbrod und fütterte die Kröte; und die Kröte war sehr hungrig und fraß lüstern. Und Mariechen setzte sich nun voll Freuden hin und nähete sich aus rothen Seiden ein feines und weiches Beutelchen und that die Kröte da hinein. Und sie band das rothe seidene Beutelchen mit Bändchen um ihren Hals fest und ließ es auf die Brust herabhangen; da mußte die Kröte in dem Beutel auf ihrem Herzen liegen und lauschen, und es ist Mariechen oft gewesen, als habe sie das Thier vor Lust über sein anmuthiges Lager leise zischen hören. Das war aber wohl Einbildung, denn sie sagen, die Kröten haben keinen Laut. So hat die Kröte in dem rothen seidenen Beutelchen denn immer an Mariechens Herzen gelegen bei Tage und bei Nacht, und nur wann sie sie mit Zucker und Honig und andern Süßigkeiten speisete und

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_469.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)