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der Finsterniß gebrauchen könnte. Darum machte er ihm zuerst allerlei Blendwerke und Gaukeleien vor und versuchte ihn mit Gleißnereien und Lügen und gaukelte und schwatzte ihm allerlei vor, das ihm Furcht machen sollte. Auf diesem Wege und durch diese leisen und giftigen Künste hoffte er durch eine Lüge an ihn zu kommen und ihm dann das Netz der Bosheit vollends über den Kopf zu werfen. Denn Furcht und Feigheit und deren natürlicher dritter Gesell der Geitz macht Lügner. Der Teufel als der allerspäheste und listigste Geist wußte aus ältester Erfahrung, daß der Mensch durch diese drei leicht ein Schelm werden kann und daß die Lüge die allerschlimmste Sünde den Menschen aus Gottes Gebiet und Reich aussperrt. Aber Hans, dessen Herz keine Furcht kannte, wußte auch nicht, warum er lügen sollte.

Als der Rothe ihn so nicht fest kriegen konnte, versuchte er ihn durch Gier und Geitz, und meinte: ein Dieb wird der dumme Bauertölpel doch wohl werden können, und dann will ich ihn in Angst jagen, und er soll mir schon zum Lügner werden. Und nun fleiete er, wann er zu Bett ging, gewöhnlich alle seine Herrlichkeiten aus und ließ auch wohl die allerköstlichsten Steine auf die Erde fallen und dort liegen, als habe er sie verloren oder gar vergessen; und zugleich wischte und putzte er so viel daran, daß sie einem in die Seele hineinfunkeln konnten; und er hoffte, der Bursche werde mit bösem Gelüste sich doch einmal daran verfangen und vergaffen und einen einstecken. Und das ist wahr, Haus konnte es nicht lassen, er sah sie mit großem Wohlgefallen und oft mit Lüsternheit an,

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_240.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)