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bei Tische saßen, malte er dem ehrlichen Hans in den buntesten und üppigsten Geschichten und Bildern die Freuden der Wollust, und sah mit Vergnügen, daß Hans oft mit lüsternem Ohr zuhörte und ihm die Augen oft funkelig und blitzig wurden. Dies und das lustige und üppige Leben, das wir führen, sprach er, wird ihn schon liefern. Und als er glaubte ihn so vorbereitet zu haben, daß er auf der schlüpfrigen Bahn werde ausglitschen müssen, ging er mit ihm auf alle Tänze und Mummereien, besuchte die Theater und Bälle, stellte prächtige Feste an, wo Schauspielerinnen Tänzerinnen und Sängerinnen ihre Künste machten und Hans Öl zum Feuer tragen, das heißt Wein einschenken, mußte. Und in dem armen Hans wollte das 1üsterne Feuer oft genug in lichten Flammen aufschlagen und ihn zu dem feurigen Fall bringen, aber immer, wann es am gefährlichsten in seiner Seele aussah, tönte ihm zu rechter Zeit ein Klang ins Ohr aus der Schule zu Eisleben und was sein Vater und sein Meister ihm so oft wieder gesagt hatten, daß schöne Dirnen und nächtlicher Tanz und bunte Mummerei der abschüssigste und glatteste Weg zur Lüge und Hölle seyen. Und bei diesem Andenken an die treuen Männer, die ihn so lieb hatten, und bei dem Wiederklange einer unschuldigen Vergangenheit in seiner Seele besann er sich plötzlich wieder und ward zu kaltem Eis mitten in dem Feuer der Lust, womit der Rothe seine Augen und Sinne umgaukelte und verglasterte.

So hatte der Böse es beinah ein Jahr mit ihm ertragen. Denn wiewohl Hans ihn tragen mußte, so hatte jener doch viel mehr an ihm zu tragen. Man sagt wohl.

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_242.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)