Seite:De Auerswald und Lichnowsky 061.jpg

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nicht von Allen – doch jedenfalls von mehreren Betheiligten ein auffallend höhnendes und verletzendes Betragen beobachtet *), – sowie daß von ihnen nachher überall keine Reue, kein Gewissensbiß gezeigt, sondern umgekehrt mit Verübung der fraglichen Verbrechen bei jeder Gelegenheit großgethan wurde **).

Dagegen war jedoch anzuführen, daß selbst der höchste Grad des Affekts oft noch weit länger fortdaure, als es hier vorausgesetzt werden müsse, und daß Beharrlichkeit


*) Von Daniel Georg wird erzählt, er habe theils dem General Auerswald, als er um sein Leben gefleht, gesagt: „Komm her! Du sollst ein republikanisches Nachtessen mit mir genießen“, theils zu Lichnowsky: „komm her! Ich will Dir noch einmal deinen Freund zeigen, daß Du ihm die Hand geben kannst.“ – Er habe dem Einen oder Andern das Zündhütchen vorher gezeigt, mit dem er erschossen werden sollte. – Der Fahnenträger habe auf dem Brückchen vor Lichnowsky die Fahne geschwenkt und sei dann vor ihm hergegangen. Auch erzählt die Ehefrau des Gärtners Schmidt: noch ehe Auerswald entdeckt worden sei, habe ein Kerl mit einer Lanze, von Lichnowsky sprechend, zu ihr gesagt: „Wie wär’ es, Madamchen, wenn ich nachher ein Stück von dem als Kotelett gebraten auf meinem Spieß brächte? das ließe sich wohl köstlich schmecken.“ Dabei habe der Kerl mit der Zunge geschnalzt.

**) Hiefür liegt eine ganze Reihe von Zeugnissen vor, welche übereinstimmend besagen, daß namentlich wieder Daniel Georg (in geringerem Maß K. Schäfer u. A.) in unendlichen Wiederholungen und nimmersatter Ruhmredigkeit sich in verschiedenen Wirthshäusern seiner Thaten berühmt habe: er habe den Mann im Schlafmantel herausgeholt, er habe Auerswald und Lichnowsky erschossen, er habe zwei Spione erlegt, sein Gewehr habe seine Schuldigkeit gethan, habe dem Lichnowsky in den Rücken geblasen u. s. f. Der Berliner soll sich auch auf seiner Flucht nach Straßburg auf dem Dampfschiff öffentlich in eckelhaft affektirter Weise der Erschießung Lichnowskys berühmt haben. Aehnliche ruhmredige Aeußerungen werden von Joh. Pflug berichtet, noch mehr aber von Pet. Ludwig. Er soll sich der Erschießung Auerswalds gerühmt und dazu den Reim gesagt haben: „Juchhe! es ist vollend’t: seine Seele spricht nicht mehr im Parlament u. s. f.“


Empfohlene Zitierweise:
Christian Reinhold Köstlin: Auerswald und Lichnowsky. Ein Zeitbild, nach den Akten des Appellations-Gerichts zu Frankfurt a. M. mit Genehmigung dieses h. Gerichtshofs. Tübingen 1853, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Auerswald_und_Lichnowsky_061.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)