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verwendet wurde, und daß man sehr bald spruchwörtlich von langen, großen und hohen Dingen sagte: „so groß, so lang, oder beinahe so lang, wie Lewerenz sin Kind.“

Dieser arme Thurm-Mensch oder Menschen-Thurm hatte indessen von seiner erstaunlichen Größe äußerst wenig Vergnügen und sehr viel Unbequemlichkeit. Die Angehörigen belästigte seine Länge; wer mit ihm sprach, verrenkte sich den Hals beim Emporschauen; er gebrauchte das doppelte Menschenmaaß zu seiner Kleidung und das Dreifache zur Ernährung seines gewaltigen Körpers; in keinem fremden Bette konnte er schlafen und in den wenigsten Stuben seines Verkehrs grade und aufrecht stehen; vielleicht von den unzähligen Malen, daß er mit dem Kopf irgendwo angestoßen, rührte es her, daß er etwas dumm blieb, denn Lewerenz sin Kind war einzig an Körper so groß gerathen, wenn schon sonst an Gemüth ein sehr harmloser gutmüthiger Gesell. Wie so oft in sehr hohen Häusern die obersten Geschosse nur Bodenräume sind, so sah’s auch in seinem höchsten Stock, im Kopfe, reichlich leer und schlecht meublirt aus. Wenn nur damals König Friedrich Wilhelm I. von Preußen gelebt hätte, so hätte man ihn gut versorgen können; denn den schönen Ruheposten eines Flügelmanns der Potsdamer Riesengarde hätte sicher kein Anderer bekommen als Lewerenz sin Kind. Nun aber seeltagte der gute lange Kerl so dahin; ungeschickt, unbeholfen, wie er war, brachte er’s zu Nichts; auf die Ehre, ein lebendiges Spruchwort zu sein, gab er wenig; wenn er sich blicken ließ, starrte und staunte man ihn an, die Gassenbuben lachten ihn aus, darüber wurde er immer einhäusiger; und so verscholl und so starb er endlich, man weiß nicht wie, wann und wo?

Aber eigentlich ist nur der körperliche Jacob Damm gestorben, denn „Lewerenz sin Kind“ ist nicht verschollen, nicht

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_270.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)