Seite:De Beneke Hamburgische Geschichten und Sagen 308.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Als nun jenes Gerüchte vielfach erscholl, da hat sich der gelahrte Pastor zu Wedel, Herr Johann Rist (oder Ristius, wie er sich schrieb), bei nachtschlafender Zeit aufgemacht, um solch zwergischem Treiben auf die Spur zu kommen. Mit ihm ging Herr Chrysostomus Köhler, der Vice-Canzler des Herzogs zu Wolfenbüttel, ein beherzter kluger Mann. Als sie nun bei dem Dorfe Rissen in die Berge kommen, und Alles ist still, nur fernher bellen die Hunde, in Wedel schlägt’s Mitternacht und der Mond geht just auf, da haben sie wahrgenommen, wie aus einem Fuchsloch ein Haufe solch unterirdischen Völkleins ist hervorgedrungen, kaum kniehoch, mit großen Köpfen und Gesichtern als die alter Männer, mit großen Nasen und klugen Augen, braun gekleidet, mit Glöcklein an den Mützen, daß es anmuthig geklingelt, wie sie sind auf- und abgesprungen; die haben da ihr Wesen getrieben und getanzt im Ringelreihen und rundem Kreise beim Glockenspiel. Herr Ristius hatte eine schöne Anrede ausgesonnen, mit der er sie bei des Allmächtigen heiligem Namen zu beschwören gedachte, daß sie ihm Red’ und Antwort geben, wer sie wären, und was sie trieben, und wo die großen Schätze lägen, und ob man sie nicht heben könnte; und Herr Ristius will sich eben räuspern, da kommt unversehens Herrn Chrysostomus Köhlern ein so gewaltiges Niesen an, daß er von dem Feldstein im Gebüsch, darauf er mit Herrn Risten gestanden, hinunterfällt mitten in den Ringelreihen der Unterirdischen, die davor billig erschrecken, auseinanderfahren und blitzschnell allesammt durch das Fuchsloch wiederum verschwunden sind, zu beider Herren großem Leidwesen. Herr Ristius ist nachhero noch etliche Male wieder hinausgegangen, aber die Constellation war ihm ungünstig, er hat ihnen so nahe nicht wieder beikommen können. Ist auch erklärlich, daß die Zwerge wohl gemerkt, daß er ein kluger Mann, der sie auszufragen gedächte;

Empfohlene Zitierweise:
Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_308.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)