Seite:De Bracke (Klabund) 075.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

War es jenes Mädchen, das einst im Schnee bei ihm geruht?

War es Nadya, die schönste Tänzerin der Welt?

Der Landsknecht ließ den Würfelbecher sinken, der Wirt sperrte am Schenktisch den Mund auf, und alle starrten die Erscheinung an.

Das Mädchen begann zu singen.

Dem Juden zog’s die Tränendrüsen zusammen.

Er schlich sich hinaus.

Der Landsknecht folgte brummend.

Bracke blieb allein im Zimmer.

Er führte das Mädchen an den Tisch, gab ihr Speise und Trank, und als sie sich zum Abschied wandte, küßte er ihr die nackten, schmutzigen Wanderfüße.

„Ich bin“, sprach das Mädchen, „Innocentia! Vergiß meinen Namen nicht und laß einen Ton meiner Melodie immer um dich sein!“

Bracke seufzte, und der Seufzer ging in einen Schrei über: „O Sancta Kümmernis! Sancta Kümmernis!“


Empfohlene Zitierweise:
Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)