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Eines Tages pochte Bracke zweiflerisch an das Tor des Klosters.

Er wurde liebreich aufgenommen; Thalia wies ihm ein Zimmer im Laienflügel, Urania trug zu essen und zu trinken auf. Nach der Mahlzeit setzten sich alle neun Nonnen in ihren strengen faltigen Gewändern wie Holzstatuen zu ihm an den Tisch, und Polyhymnia, das Antlitz im Schleier verhüllt, sprach im Namen des Konvikts:

„Wir sind Euch gutgesinnt.“

„Edle Frau,“ sprach Bracke, „ich schreite, wie Ihr, verhüllt durchs Leben, und meine wahre Anmut und meine tiefste Weisheit ist wie hinter Schleiern.“

Am nächsten Morgen weckte man ihn früh mit Choral und erbaulichen Gesängen und lud ihn in die Messe.

Es zeigte sich aber, daß Bracke aller Güte gegenüber mißtrauisch blieb, indem er behauptete, daß die musischen Tugenden gar keine wirklichen Nonnen, sondern nur Sinnbilder, silberne Allegorien

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)