Seite:De Bracke (Klabund) 138.jpg

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Im dritten Monat lernte der Zwerg lachen, im Walde streifen, die echten von den giftigen Pilzen scheiden, Vogelstimmen nachahmen und zu den Sternen sehen.

Als nun nach dem dritten Monat die Frau sich wieder bei Bracke einfand, sprach dieser:

„Dein Sohn hat die drei ersten Klassen der Schule der Weisheit trefflich absolviert. Nimm ihn wieder mit. Nichts anderes kann man einen Menschen aus sich, aus ihm heraus lehren als dies: alles Menschliche menschlich zu tun. Für jedes rechte Gefühl auch die rechte Form zu finden. Immer mit sich eins und zufrieden in Geist und Handlung sein. Sich selber erlösen – so erlöst einen Gott.“

Dies begriff nun die Frau erst recht nicht, aber da sie in das aufgeblühte Antlitz ihres Zwerges sah und seine heiteren und sicheren Gebärden und Worte, ging ihr das Herz auf; sie ahnte Brackes Weisheit und ging, den Knaben an der Hand, und ließ Bracke viele Segenswünsche und ein halbes ausgenommenes Kalb als Schulgeld zurück.


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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_138.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)