Seite:De Bracke (Klabund) 179.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Leiser Wind über der Steppe. Die Gräser zittern silbrig.

Kleine rotgeflügelte Heuschrecken schwingen sich von Halm zu Halm. In einem Gebüsch schreien junge Amseln.

Ein Hase hoppelt über die Stoppeln, von einem Schwarm schwarzer Raben krächzend verfolgt. Er lahmt. Er läßt die steifen Löffel sinken. Ein Krieger, der nach aussichtslosem Kampf das Schwert senkt. Seine gläsernen Augen spiegeln noch ein letztes Mal den abendlichen Himmel: rote und gelbe Wolken auf violettem Grunde. Aber zwischen ihnen blinzelt ein erster Stern: des ewigen Hafen gutes, goldenes Auge. Bald bist du bei mir, blinkt dieser Blick, habe Vertrauen zu mir! Bald ist Kampf und Verfolgung, Lebensangst und Todesqual vorbei. Bald bist du bei mir. Bald ist ewiger Friede. Auf der Himmelswiese springst du leichtherzig umher. Dort gibt es keine Jäger und Hunde, keine Füchse und Raben. Nur sanfte, zärtliche Hasen, und ich, der ewige Hase, regiere mit mildem Zepter das selige Hasenreich.

Empfohlene Zitierweise:
Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_179.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)