Seite:De Bracke (Klabund) 219.jpg

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im fahlen Mondschein, während Wolken rasend oft vorübertrieben und ihn verdunkelten:

„Tut Buße! Tut Buße! Denn das Reich der Hölle ist nahe herbeigekommen. Eure Herzen wurden Schlangennester. Eure Augen trübe Pfützen des blutigsten Lasters. Eure Hände, zu liebender Umarmung einst bestimmt, greifen in leere Luft. Das Eismeer trat über seine Ufer. Erratische Blöcke zermalmen den blühenden Garten. Kometen schleifen feurige Schwänze wie Trauerschleppen durch die Straßen: und die Stadt steht steil in Brand. Schlagt euch an eure zerfallene Brust: ehemals göttlicher Dom, nunmehr eine knöcherne Ruine, darin jegliches Unkraut: Haß, Niedertracht, Neid, Unzucht, Lüge, Feigheit, Hochmut wuchert. Schreit, brüllt, kniet in den Kot eurer eigenen Leiche. Schreit: Ich Sünder, ich wandelnder Dreck, eitriger Auswurf eines verwesenden Bonzen. Seliger einst am Saume der Welt; saumseliger, seufzend im Süden, verweint in Nelkenduft, Falter, mit den Flügeln leise atmend auf den Orangenbrüsten der blondesten Frau.

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_219.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)