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die Einrichtung getroffen, dass während des Kauens der stärkmehlhaltigen Nahrung eine Materie beigemischt wird, durch deren Wirkung in dem Magen das Stärkmehl in eine dem Milchzucker in ihrer Zusammensetzung und Haupteigenschaften nach gleiche Substanz übergeht.

Die Menge von Stärkmehl in dem Mehl der Getreidearten, der Erbsen, Bohnen und Linsen und der Kartoffeln ist sehr beträchtlich. Das Weizen- und Roggenmehl enthält 60 bis 66, die Gerste und Linsen 40 bis 50, das Maismehl bis 78, der Reis bis 86 Procent, die Kartoffeln (trocken) über 70 Procent Stärkmehl.

Das Fett der Butter und des Fleisches enthält Kohlenstoff und Wasserstoff sehr nahe in dem Verhältniss wie das Stärkmehl und die Zuckerarten, die letzteren unterscheiden sich von dem Fett hauptsächlich nur durch eine grössere Menge Sauerstoff; auf dieselbe Menge Kohlenstoff enthält das Fett beinahe zehnmal weniger Sauerstoff; es ist deshalb leicht durch Hinzurechnung von Sauerstoff eine gegebene Menge Fett in Stärkmehl zu berechnen, und man findet in dieser Weise, dass 10 Theile Fett 24 Theilen Stärkmehl entsprechen. In ähnlicher Weise kann man durch Abrechnung von Wasser den Milchzucker in Stärkmehl ausdrücken, und mit Hülfe dieser Zurückführung der stickstofffreien Bestandtheile der Nahrungsmittel auf gleiche Werthe Amylon lassen sich jetzt leicht die wichtigsten Nahrungsmittel in Beziehung auf das Verhältniss an plastischen und den anderen stickstofffreien Bestandtheilen mit einander vergleichen.

Gewichts-Verhältniss
der plastischen zu den stickstofffreien Bestandtheilen der Nahrungsmittel.
plastische. stickstofffreie.
Die Kuhmilch enthält auf 10: 30 = 8,8
10,4
Fett
Milchzucker
Die Frauenmilch " " 10: 40
Die Linsen " " 10: 21
Die Pferdebohnen " " 10: 22
Die Erbsen " " 10: 23
Das Schaffleisch gemästet " " 10: 27 = 11,25 Fett
Das Schweinefleisch gemästet " " 10: 30 = 12,5    "
Das Ochsenfleisch " " 10: 17 = 7,08   "
Das Hasenfleisch " " 10: 2 = 0,83   "
Das Kalbfleisch " " 10: 1 = 0,41   "
Das Weizenmehl " " 10: 46
Das Hafermehl " " 10: 50
Das Roggenmehl " " 10: 57
Die Gerste " " 10: 57
Kartoffeln weisse " " 10: 86
Kartoffeln blaue " " 10: 115
Der Reis " " 10: 123
Das Buchweizenmehl " " 10: 130

Das relative Verhältniss des plastischen Bestandtheils der Milch zu ihrem Gehalt an Butter und Milchzucker, das Verhältniss des blutbildenden Stoffes im Fleisch zu dessen Fettgehalt, so wie das des plastischen Bestandtheils der Getreidearten, der Kartoffeln, der Samen der Leguminosen zu ihrem Gehalte an Stärkmehl ist nicht constant; diese Verhältnisse wechseln in der Milch mit der Nahrung, das eigentlich fette Fleisch enthält mehr, was man mageres Fleisch nennt enthält weniger

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_247.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)