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ist, dass wir in irgend einer Weise die hinweggenommenen Bestandtheile, welche die Atmosphäre nicht liefern kann, ersetzen. Ist dieser Ersatz unvollkommen, so nimmt die Fruchtbarkeit unserer Felder oder die des ganzen Landes ab, führen wir mehr zu, so wird die Fruchtbarkeit gesteigert.

Die Einfuhr von Harn, von festen Excrementen aus einem fremden Lande ist ganz gleich zu setzen einer Einfuhr an Korn und Vieh. Alle diese Stoffe nehmen in einer zu bestimmenden Zeit die Form von Getreide, Fleisch und Knochen an, sie gehen in die Leiber der Menschen über und kehren täglich in die Form, die sie ursprünglich besassen, wieder zurück. Der einzig wirkliche Verlust, dem wir nach unseren Sitten nicht vorbeugen können, ist der an phosphorsauren Salzen, welchen die Menschen in ihren Knochen mit in ihre Gräber nehmen. Die ganze ungeheure Quantität von Nahrung, welche der Mensch in sechszig Jahren zu sich nimmt, ein jeder Bestandtheil derselben, der von unseren Aeckern stammt, kann wieder gewonnen und denselben wieder zugeführt werden. Wir wissen mit der grössten Bestimmtheit, dass wir alle Salze mit alkalischen Basen, allen phosphorsauren Kalk und Bittererde, welche das Thier täglich in der Nahrung geniesst, dass wir also alle unorganischen Bestandtheile ihrer Nahrung in den festen und flüssigen Excrementen wieder gewinnen.

Ohne nur eine Analyse dieser Excremente anzustellen, können wir mit Leichtigkeit ihre Quantität, wir können bestimmen, von welcher Beschaffenheit sie sind, welche Zusammensetzung sie besitzen. Wir geben einem Pferde täglich 4½ Pfund Hafer und 15 Pfund Heu, der Hafer giebt 4 Procent, das Heu 9 Procent Asche und wir berechnen daraus, dass die täglichen Excremente des Pferdes 21 Unzen unorganische Materien enthalten müssen, die von unserem Felde stammen. Die Analyse der Haferasche und der Asche des Heues giebt uns genau in Procenten an, wie viel Kieselerde, wie viel an Alkalien und phosphorsauren Salzen wir darin haben.

Man bemerkt leicht, dass die Beschaffenheit der fixen Bestandtheile in den Excrementen sich mit der Nahrung ändert. Geben wir einer Kuh Runkelrüben oder Kartoffeln, ohne Heu oder Gerstenstroh, so haben

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_333.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)