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viel Phosphorsäure als wie drei Hectaren Feld im Korn von drei Weizenernten.

Es ist hiernach klar, wenn wir auf unserm Feld, welches 25,000 Kilogrm. von den Bodenbestandtheilen der Weizenernte enthält, Kartoffeln und Klee bauen, und den ganzen Ertrag an Kartoffelknollen und Klee dem Felde nehmen, dass wir dem Boden in diesen beiden Feldfrüchten eben so viel Phosphorsäure und dreimal so viel Kali entziehen wie durch drei Weizenernten. Es ist sicher, dass die Beraubung des Bodens an diesen nothwendigen Bodenbestandtheilen durch eine andere Pflanze auf seine Fruchtbarkeit für Weizen von grossem Einfluss ist; die Höhe und Dauer der Weizenerträge nimmt ab.

Wenn wir hingegen in zwei Jahren das Feld einmal mit Weizen, und dann mit Kartoffeln bestellt, und die ganze Kartoffelernte auf dem Felde gelassen, und Knollen, Kraut und Weizenstroh untergepflügt hätten, und so fort abwechselnd 60 Jahre lang, so würde dies den Ertrag an Korn, welchen es zu liefern fähig war, nicht im mindesten geändert oder vergrössert haben; das Feld hat durch den Anbau der Kartoffeln nichts gewonnen und, da man alles dem Felde liess, nichts verloren; wenn durch die Kornernten, die man dem Felde nahm, der Vorrath von Bodenbestandtheilen auf ¾ der ursprünglich darin vorhandenen Menge herabgebracht worden ist, liefert dies Feld keine lohnende Ernte mehr, wenn ¾ einer Mittelernte dem Landwirth keinen Gewinn mehr lassen. Ganz dasselbe tritt ein, wenn wir anstatt Kartoffeln Klee eingeschoben, und diesen Klee jedesmal wieder untergepflügt hätten. Der Boden besass, so haben wir angenommen, die günstigste physikalische Beschaffenheit, und konnte demzufolge durch Einverleibung der organischen Substanzen des Klees und der Kartoffeln nicht verbessert werden. Auch wenn wir die Kartoffeln aus dem Felde herausgenommen, den Klee abgemäht und getrocknet, die Knollen und das Kleeheu auf einen Karren geladen und um das Feld herum oder durch den Viehstall gefahren, und dann erst wieder dem Felde zugeführt und untergepflügt, oder auch zu andern Zwecken verbraucht, und die ganze Summe der in beiden Ernten vorhandenen Bodenbestandtheile dem Felde wiedergegeben hätten, so würde durch alle diese Operationen das Feld in dreissig, sechszig oder siebenzig Jahren kein einziges Korn mehr geliefert haben, als ohne diesen Wechsel. Auf dem Felde haben sich in dieser ganzen Zeit die Bedingungen zur Kornbildung nicht vermehrt, die Ursache der Abnahme der Erträge ist die nämliche geblieben.

Das Unterpflügen der Kartoffeln und des Klees konnte nur auf diejenigen Felder eine nützliche Wirkung haben, welche nicht die günstigste physikalische Beschaffenheit hatten, oder in welchen die vorhandenen Bodenbestandtheile ungleich vertheilt, und zum Theil für die Pflanzenwurzeln unzugänglich waren, aber diese Wirkung ist der der Gründüngung oder eines oder mehrerer Brachjahre ganz gleich.

Durch die Einverleibung des Klees und der organischen Bestandtheile in den Boden nahm sein Gehalt an verwesenden Stoffen und Stickstoff von Jahr zu Jahr zu. Alles was diese Gewächse aus der Atmosphäre empfingen, blieb im Boden, aber die Bereicherung an diesen sonst so nützlichen Stoffen kann nicht bewirken, dass er im Ganzen mehr

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_396.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)