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die Quellen darüber kein Wort, in einer neuen Schlacht unterlegen und zu Gefangenen gemacht waren. Freilich scheinen sie vor dem herannahenden König sich nordwärts zurückgezogen zu haben, und freilich war ihr Führer Widukind entflohen; aber welche Gewalt zwang sie nur, sich an der Aller dem Könige zu stellen, welche Gewalt gab sie in des Königs Hände und welche Gewaltmittel hatte der König, um das furchtbare Strafgericht an ihnen zu vollziehen? Die omnes Saxones, von denen sie ausgeliefert wurden, müssen doch wohl an Zahl weit stärker als 4500 gewesen sein, es muss mit diesen ein sächsisches Heer versammelt gewesen sein, dem das von Karl sub celeritate zusammengeraffte Frankenheer und die Trümmer des am Süntel geschlagenen Heeres an Zahl schwerlich gewachsen waren. Wie hoch man auch das Ansehen des Königs anschlägt und für wie bedeutend man den Zwiespalt im Lager der Sachsen halten mag, ist es nach allem, was vorangegangen war und was in den nächsten zwanzig Jahren, was insbesondere aber im unmittelbar folgenden Jahre geschah, für möglich zu halten, dass die Furcht der Sachsen vor einem Kampfe mit dem Könige so gross war, dass sie lieber 4500 der Ihrigen ohne Kampf opferten, als einen solchen wagten, der ihnen doch im unglücklichsten Falle kaum eine so grosse Zahl gekostet haben würde?

Freilich hören wir in den späteren Kriegsjahren häufig von der Abführung zahlreicher Geisseln durch den König; bis zu 7000 werden in einem Jahre genannt. Aber diese wurden nicht an einem Orte übergeben, sondern einzeln wurden sie in verschiedenen Gauen, die nicht zu gemeinsamem kriegerischem Widerstande organisirt waren, die schon unter mehr oder minder ausgebildeter fränkischer Verwaltung standen, von kriegsgerüsteten fränkischen Schaaren zusammengelesen. Hier soll die ungeheure Menge auf einmal von den eigenen Landsleuten zu dem bestimmten Zwecke der Hinrichtung übergeben worden sein.

Wir müssten das Ungeheuerliche freilich dennoch als unerklärliche Thatsache hinnehmen, wie es wirklich bisher so hingenommen worden ist, wenn wir einen unbedingt glaubwürdigen Zeugen dafür hätten, und wenn dieser Zeuge es mit zweifelloser Klarheit ausspräche. Ich finde weder den Zeugen so glaubwürdig, wie er sein müsste, noch zweifellos, dass er habe sagen wollen, die 4500 seien wirklich hingerichtet. Denn was heissen die

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_085.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2022)