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für die Prager Diöcese ernannte Dominicaner Gallus de Novo Castro[1] (Nimburg, Gratzen bei Budweis, Neuhaus?) und sein für die Olmützer Diöcese bestimmter Amtsbruder, der Minorit Petrus von Naczeracz, dem König und dem Thronfolger, dem Burggrafen von Prag, den Bischöfen und dem Klerus behufs thatkräftiger Förderung der Inquisition empfohlen. Und wie dort so heisst es auch von den böhmischen Ketzern, dass sie aus Deutschland und den umliegenden Landschaften eingedrungen seien; auch in dem sofort zu besprechenden päpstlichen Schreiben vom Jahre 1340 werden die in ganz Böhmen, besonders aber auf den Herrschaften des Ulrich von Neuhaus verbreiteten Ketzer als „Deutsche und Fremdlinge“ bezeichnet[2]. Aus all’ dem scheint hervorzugehen, dass die Inquisition von 1327 ff. in erster Linie die erst jüngst germanisirten, an das Herzogthum Oesterreich anstossenden Landestheile von Böhmen, Mähren und Ungarn, dann auch Schlesien und die angrenzenden polnischen Gebiete, wo in vielen der bedeutenderen Städte, wie z. B. in Krakau, das deutsche Element die Oberhand hatte, betroffen haben wird[3]. Auf einer weit in das tschechische Sprachgebiet

  1. Die gewöhnliche Uebersetzung für Neuhaus ist im 14. Jahrhundert „Nova Domus“; in früherer Zeit kommt mehrfach auch der Name „Novum Castrum“ vor. Vergl. Pangerl, Die Witigonen, Archiv f. österr. Geschichte 51, 559, 562. Nimburg a. d. Elbe war Sitz eines Domincanerklosters.
  2. Codex diplom. et epist. Moraviae VII, 52–56; Dudik, Auszüge für Mährens allgem. Gesch. aus den Regesten der Päpste (1885) S. 6 f.; Raynaldus ad a. 1335, Nr. 61–62. Wenn es heisst, dass die Ketzer „de remotis tam Alamaniae quam circumpositis regionibus“ nach Böhmen gekommen sind, so ist hier wie an den entsprechenden Stellen der nach Polen und Ungarn gerichteten Schreiben der Nachdruck offenbar darauf gelegt, dass die Häretiker ans fremden (remotis) Ländern kommen, deren Namen dann erklärend beigesetzt werden; dagegen können die Stellen unmöglich so verstanden werden, dass nach Ungarn die Häretiker aus entfernten Gegenden Deutschlands und Polens, nach Polen aus entfernten Landschaften Deutschlands und Böhmens u. s. w. kommen. Die deutschen Einwanderer, welche die päpstlichen Briefe nennen, haben wir uns gewiss nur zum kleineren Theil als Flüchtlinge, – vergl. über solche z. B. die Urkunde von 1336, worin König Johann von Böhmen verheisst, die aufrührerischen Unterthanen der Herzöge von Oesterreich nicht aufzunehmen (Codex dipl. Morav. VII, 94) – in ihrer Hauptmasse aber als Colonisten zu denken.
  3. Ueber die deutsche Einwanderung in Böhmen, Mähren und Ungarn, namentlich im 13. Jahrhundert, vergl. Huber, Geschichte Oesterreichs I,
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_314.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)