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Zusammenhang der bisher besprochenen Thatsachen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hervorgehen. Es kommt hinzu, dass das päpstliche Schreiben vom 6. März 1340 geheime Zusammenkünfte der Ketzer „mit ihren Meistern, die sie Apostel nennen“, erwähnt[1], dass die Ketzer, wie schon bemerkt, als „insgemein Eingewanderte und Deutsche“ bezeichnet werden, dass endlich in der Nähe des im Süden an Niederösterreich anstossenden und Theile des mährischen Thaya-Thales einschliessenden Neuhauser Gebietes die in den Untersuchungen von 1260 ff. und 1390 ff. als Sitze von Waldensern genannten Orte Drosendorf und Hardeck, beide an der Thaya gelegen, sich befinden.

In Arnest von Pardubic (1343–1364), wohl dem bedeutendsten in der gesammten Reihe der Prager Kirchenfürsten, erstand dem böhmischen Ketzerthum ein höchst gefährlicher Gegner. Wie ihm die Einrichtung des ständigen böhmischen Inquisitionsgerichtes zuzuschreiben ist, so hat er auch seinen Diöcesanklerus fortgesetzt zur Wachsamkeit gegenüber der Häresie angehalten. So fordern bereits die Diöcesanstatuten von 1343 die Verfolgung der Häretiker und ihrer Gönner durch die Pfarrgeistlichkeit, in erster Linie ihre Anzeige bei dem Erzbischof und seinen Inquisitoren; dieselbe Verordnung kehrt in den Statuten von 1353 und von 1355 wieder. Die kirchliche Verwaltung der Prager Diöcese

  1. Cod. dipl. Mor. VII, 190: in errores pristinos sunt relapsi, conventiunculas illicitas cum magistris eorum, quos vocant apostolos, faciendo. Preger (Ueber die Taboriten S. 8 f.) erblickt mit Recht in der Stelle einen Hinweis auf die waldensische Secte. Die Apostoliker und Katharer können aus den früher angegebenen Gründen nicht in Betracht kommen. Zwar heisst es auch einmal von den Begharden (Erlass des Erzbischofs Heinrich I. von Köln vom Jahre 1306 bei Mosheim, De beghardis et beguinabus S. 211 ff.), dass sie sich Apostel nennen; aber auf pantheistische Grübler kann die Erzählung von den Bauernaufständen im Neuhauser Gebiete am allerwenigsten bezogen werden. Die Unwahrscheinlichkeit der früheren Auffassungen von einer massenhaften Verbreitung der Secte vom freien Geiste und von deren angeblichen communistischen Tendenzen habe ich an anderer Stelle (Zeitschrift für Kirchengeschichte VII [1885], S. 533 ff) darzulegen gesucht. Dass einzelne Glieder der Secte sich auch in Mähren fanden, zeigen die von Wattenbach (Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1887, S. 517 ff.) mitgetheilten Bekenntnisse der Begharden Johannes und Albert von Brünn, welche sie vor Gallus de Novadomo ablegten, deren Glaubwürdigkeit allerdings von Punkt zu Punkt festzustellen sein wird. Von „Aposteln“ der Secte vom freien Geiste ist auch hier nicht die Rede.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_317.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)