Seite:De DZfG 1889 01 422.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beseitigen. Am Ende der Regierung Karl’s sind vielmehr die Spuren des Verfalls deutlich erkennbar, der dann unter seinem Nachfolger rapide zunimmt.


Wenn zum Schluss die Bedeutung des Kaisers für die innere Entwicklung Castiliens charakterisirt werden soll, so ist zunächst zu bemerken, dass seine Wirksamkeit für die Kräftigung des Königthums bedeutend überschätzt worden ist. Das Wesentliche hatten hier schon seine Vorgänger vollbracht, als sie den modernen Beamtenstaat mit seiner Bureaukratie ausbauten. Selbst der Sieg über die comuneros hat die Stellung der Krone nicht verändert. Wohl aber scheint der Aufstand für die wirthschaftliche Lage Castiliens Epoche machend gewesen zu sein. Die Unruhen werden vielfach eine Bebauung des Landes verhindert und so die Verschuldung der Bauern verursacht haben, über die schon in den nächsten Jahren geklagt wird und von der sich der Bauernstand nicht wieder erholte. Auch für die Industrie dürfte das tolle Jahr verhängnissvoll geworden sein. Sie hatte unter den katholischen Königen einen starken Aufschwung genommen und erreichte in den ersten Jahren Karl’s ihren höchsten Stand. Doch war es ihr auch jetzt noch nicht gelungen, es dem Auslande gleich zu thun; dazu liessen ihre Arbeiter es schon an dem nöthigen Fleiss fehlen. Durch die Revolution wird dieser Hang zur Trägheit gefördert worden sein. Auch mag der hochgeachtete Waffendienst, dem sie während des Aufstandes obgelegen, viele Handwerker ihrem Gewerbe entfremdet haben. Natürlich traten die schlimmen Folgen hier nicht so schnell hervor wie bei der Landwirthschaft; aber schon 1537 lässt sich ein allgemeiner Rückgang der Industrie erkennen. Dazu kam in den nächsten Jahren die ungeheure Preissteigerung, die von den kapitalkräftigen fremden Kaufleuten zum grössten Schaden der einheimischen Gewerbe ausgenutzt wurde. Wohl hatte die Fürsorge der Regierung nicht aufgehört; der Staatsrath, in dem noch längere Zeit die alten Räthe Ferdinand’s und Isabella’s sassen[1] und ihre Anschauungen fortpflanzten,

    die jeden geistigen Fortschritt unterdrückten. Und so wurde an dem Ruhmeskranze des 16. Jahrhunderts munter weiter gerupft.“ (!) In Wirklichkeit musste erst Ranke gegen Llorente die Inquisition als einen königlichen Gerichtshof nachweisen (Werke 35–36, 195 ff.).

  1. Z. B. Carvajal ist noch bis 1525 nachweisbar.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_422.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)