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hohen Preis. Seiner Vermittelung vornehmlich war der zwanzigjährige Stillstand vom 15. August 1684 zu danken, welcher zwar die Beute der Reunionen sammt Strassburg in den Händen Ludwig’s XIV. liess, andererseits doch aber dem Kaiser die Fortsetzung des sich eben glücklich wendenden Türkenkrieges ermöglichte und die Rückforderung des vorläufig Hingegebenen für künftige, bessere Zeiten offen liess.

Aber in der Natur der Verhältnisse ebenso sehr, wie in der der massgebenden Persönlichkeiten lag es begründet, dass dieser Stillstand ein vorzeitiges Ende nehmen musste. In der Unersättlichkeit seiner Ländergier und seines Machtstrebens benutzte Ludwig XIV. die Ohnmacht Spaniens und die Beschäftigung des Kaisers in Ungarn, um die vereinbarten Bedingungen vielfach ungestraft zu verletzen. In den angeblichen Orléans’schen Erbansprüchen auf die Pfalz gewann er zudem eine bequeme Handhabe, um das Reich dauernd in Athem zu erhalten und jeden Augenblick einen kriegerischen Anfall fürchten zu lassen. Gleichzeitig leitete der König mit der Aufhebung des Edicts von Nantes und der offenen Begünstigung der kirchlichen Reaction in England eine Politik ein, welche auch die Idee der rücksichtslosesten katholischen Propaganda der Erweiterung der französischen Vorherrschaft dienstbar machte und Europa einem neuen Religionskriege entgegendrängte.

Eben diese Wendung aber machte dem grossen Kurfürsten das Verbleiben in der französischen Allianz unmöglich: er suchte sich derselben allmählich zu entwinden und auf der anderen Seite diejenigen Zusicherungen und Bürgschaften auszuwirken, deren er bedurfte, um im entscheidenden Augenblick für den bedrohten evangelischen Glauben und zugleich für Kaiser und Reich eintreten zu können. Bald befand er sich in vertrautem Einverständniss mit Wilhelm III. von Oranien und war mit Rath und That an der Vorbereitung von dessen grossem Unternehmen betheiligt, das in der schwer bedrohten anglicanischen Kirche und den verfassungsmässigen Rechten des englischen Volks und Parlaments die festesten Schutzwehren gegen die drohende französische Gewaltherrschaft aufrecht erhalten sollte.

Es war Friedrich Wilhelm freilich nicht mehr vergönnt, das grosse Ereigniss sich vollenden zu sehen, welches den unheilvollen Gegensatz zwischen England und den vereinigten Niederlanden

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 430. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_430.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)